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28.10.2018 13:40
Genial daneben: Kurz und schlecht
Von Heiner Flassbeck - Was muss ein europäischer Regierungschef
und Ratspräsident wissen, der Italien maßregelt? Müsste er nicht, bevor er
überhaupt etwas sagt, nachweisen, dass er sich über die Zusammenhänge, um die es
geht, informiert hat? [Quelle:
makroskop.eu] JWD
Quelle: makroskop.eu | Bild: Raul Mee
via flickr | CC BY 2.0
Der junge Herr Kurz, der auch österreichischer Bundeskanzler und derzeit
zugleich Präsident des Europäischen Rates ist, hat Italien aufgefordert, seine
Wirtschaftspolitik zu ändern. In einem Interview mit einer italienischen Zeitung
warnte er (laut ORF) Italien davor, zu einem zweiten Griechenland zu werden. Man
wolle nicht, dass wieder ein ähnlicher Fall wie in Griechenland vorkommt. Man
müsse von der letzten Finanzkrise und von der Lage in Griechenland lernen.
Deswegen, so Kurz, sei es von lebenswichtiger Bedeutung, sich an die Regeln zu
halten, vor allem wenn es um die EU-Finanzstabilität geht. Das gelte auch für
Italien. Daher unterstütze er voll den Beschluss der EU-Kommission zu Italiens
Budgetplan.
Kurz sagte auch, die italienische Regierung solle die Forderungen der
EU-Kommission nach Änderung der Haushaltspläne respektieren. Italiens
Haushaltsplan sei in der jetzigen Form „unannehmbar“, weil damit die
Verschuldung stiege, während Europa immer noch die Folgen der letzten
Finanzkrise zu bewältigen haben. Europa müsse beweisen, dass es ein zweites
Griechenland nicht erlauben werde. Kanzler Kurz wörtlich: „Wir müssen alle für
die Reduzierung der Schuldenlast in der EU kämpfen, um wettbewerbsfähiger zu
werden“.
Ahnungslos, aber verantwortlich
Aus all den Worten des jungen Mannes spricht vollständige Ahnungslosigkeit. Man
kann unmittelbar ablesen, dass er noch nie etwas von dem Zusammenhang zwischen
Sparen und Schulden gehört hat. Er weiß nicht, dass nur Länder mit einem
dauerhaft hohen Außenhandelsüberschuss wie Deutschland und Österreich es sich
leisten können, die staatlichen Defizite herunterzufahren. Er hat noch nie etwas
davon gehört, dass in Italien (und Österreich und Deutschland) die Unternehmen
per Saldo Sparer sind und ein normaler Aufschwung daher auch bei Nullzinsen
unmöglich ist.
Es ist für ihn – aufgrund des von seinen Beratern geschaffenen
wirtschaftspolitischen Horizonts – unmöglich, sich vorzustellen, dass ein Land
wie Italien logischerweise keine andere Möglichkeit hat, aus der Misere
herauszukommen, als durch mehr staatliche Schulden (wie
..hier gezeigt). Und dass
das vollkommen unabhängig vom Schuldenstand des Staates sein soll, kommt ihm
sicher vor wie blanke Ketzerei. Nur so kann man seinen letzten Satz erklären,
der geradezu tollkühn und zugleich vollkommen unsinnig ist: Er schließt aus der
Reduzierung der Schuldenlast (wessen Schuldenlast? – der des Staates?) auf eine
Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft der gesamten EWU.
Nun ist Kurz sicher nicht der erste konservative Politiker, der vollständige
Unkenntnis beweist (hier ein anderes Beispiel aus Österreich) und im direkten
Vergleich mit den deutschen Spitzenpolitikern darf man ihm sicher überhaupt
keinen Vorwurf machen. Weil er aber gerade Ratspräsident ist, kann man davon
ausgehen, dass aus ihm gewissermaßen die gesammelte Weisheit des Europäischen
Rates spricht und dass das, was er sagt, so auch in den engsten inneren Zirkeln
der europäischen Macht kursiert. Und genau da wird es dramatisch.
Wie viel Ahnungslosigkeit verträgt die
Demokratie?
Wenn der gewählte Repräsentant eines kleinen Volkes und der von den übrigen
Repräsentanten gewählte Präsident bei den Fragen, bei denen es um das Schicksal
Europas geht, niemals von seinen Beratern und den gesamten europäischen
Institutionen auch nur mit den einschlägigen logischen Zusammenhängen
konfrontiert wird, ist – wie Shakespeare schon wusste – etwas grundsätzlich faul
im Staate Dänemark. Wie kann es sein, dass auf all den Ebenen, auf denen solche
Fragen diskutiert werden, niemand mit ausreichend großer Verantwortung und Macht
sitzt, der den Präsidenten des europäischen Rates beiseite zieht und sagt, dass
die Dinge nicht so einfach sind, wie sie üblicherweise in der doch sehr
provinziellen österreichischen Presse und an den österreichischen Stammtischen
diskutiert werden?
Dass die sogenannte Wissenschaft bei ökonomischen Fragen vollständig versagt,
ist nichts Neues. Dass es jedoch gelungen ist, einen so dichten ideologischen
Schleier über ökonomische Vorgänge zu legen, [...]
Weiterlesen im Originaltext bei ' makroskop.eu ' ..hier
Passend zum Thema:
24.05.2018 10:40
O bella, ciao! bella, ciao! bella, ciao, ciao, ciao!
Von Heiner Flassbeck - Die Dummheit des Nordens in Sachen Schulden
trifft Italien schon wieder ins Mark und provoziert noch radikalere „Lösungen“.
Wann wird man jemals verstehen? - Ob Petra Gerster wohl wusste, was sie sagte,
als sie gestern in der heute-Sendung des ZDF den ersten Beitrag zu Italien mit
dem Satz (hier) einleitete, Italien habe derzeit 2300 Milliarden Schulden und
die neuen Populisten, die in Rom an die Macht gekommen seien, wollten
tatsächlich teure Reformen durchführen... [Quelle:
makroskop.eu] JWD
..weiterlesen
26.10.2017 08:20
Gott sei Dank, es isch over
Wolfgang Schäuble als Finanzminister ist Vergangenheit, sein Erbe aber wird noch
viele Generationen in Deutschland und Europa belasten. Seine Markenzeichen, die
schwarze Null und „strukturelle Reformen für Europa“, waren die größten
Fehlentscheidungen, die ein deutscher Finanzminister je getroffen hat. [Quelle:
makroskop.eu] JWD
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09.06.2017 10:30
Italienische Bankenrettung? - Ja bitte!
Präsentiert wird uns in der FAZ eine Geschichte über eine Skandalbank und
unfähige Notenbanker und Politiker. Ein lehrreiches Stück: Wer für das Ressort
„Geld und mehr“ schreiben möchte, muss entweder vollkommen ahnungslos oder ein
neoliberaler Ideologe sein. [Quelle:
makroskop.eu] JWD
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14.04.2017 12:30
Ein offener Brief an Europa
von Heiner Flassbeck
Liebes Europa, in diesen schweren Stunden denke ich oft an dich. Du tust
mir aufrichtig leid. Dein Zustand ist schlimm und deswegen schreibe ich dir
heute einen österlichen und hoffentlich auch tröstlichen Brief. - Ich kann leider
nicht sagen, von wem der kluge Spruch stammt, dass derjenige, der die
„richtigen“ Freunde hat, keine Feinde mehr braucht. Das aber ist es genau, woran
du so schwer leidest... [Quelle:
makroskop.eu] JWD
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24.03.2017 01:00
Die Weisheit der (Mehrheit der)
Weisen ist offenkundig Dummheit
In dem neuesten Bericht unserer Wirtschaftsweisen wird
versucht, die Problematisierung der hohen Exportüberschüsse Deutschlands als ein
populistisches Hirngespinst darzustellen. Was uns da von der Mehrheit der Weisen
als Ergebnis wissenschaftlicher Analyse verkauft wird, ist Ideologie vom
Feinsten. [makroskop.eu] JWD
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02.02.2017 18:00
Endlich, die deutschen
Exportüberschüsse werden politisiert!
Wer allen Ernstes geglaubt hat, dass der „wirtschaftliche
Erfolg“ Deutschlands in erster Linie auf der überragenden Leistungsfähigkeit der
deutschen Wirtschaft beruht, kann natürlich nicht fassen, dass der
„Musterschüler“ nun plötzlich „Ausbeuter“ gescholten wird. [makroskop.eu /
Paul Steinhardt]
JWD
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Tags: makroökonomische
Ahnungslosigkeit, Verschuldung, Griechenland, Finanzkrise,
Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftspolitik, österreichischer Bundeskanzler
Sebastian Kurz, |
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