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27.09.2024 00:00 |
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Der kognitive Krieg im Westen
Die Zensur im Westen ist nur mehr eine
Regierungsmethode aus einem anderen Zeitalter. Die NATO führt einen
kognitiven Krieg, nicht gegen Ideen und Überlegungen, sondern um die
Fähigkeit der Bürger zu beeinträchtigen, die Denkweise anderer Kulturen
zu berücksichtigen. Dieser Krieg führte zunächst zum Verbot der
russischen Medien, RT, Sputnik usw. Dann, um sehr starken Druck heute
auf Journalisten wie Scott Ritter oder Jürgen Elsässer auszuüben, die
die Russen nicht als Feinde wahrnehmen, weil sie imstande sind sie zu
verstehen. [Quelle: voltairenet.org]
JWD
Von Thierry Meyssan | Quelle:
Voltaire Netzwerk | Paris (Frankreich) | 24.
September 2024
Screenshot |
Quelle:
voltairenet.org
Rossiya
Segodnja ist die russische öffentlich-rechtliche Rundfunkgruppe.
Sie produziert sowohl sechs Fernsehkanäle (RT-Gruppe),
Nachrichtenagenturen (Sputnik, RIA-Novosti), als auch Websites (Voice
of Europe). Sie ist jetzt in der gesamten Europäischen Union und
bald auch in den Vereinigten Staaten administrativ verboten. |
ie westliche Dogmatik über den Konflikt zwischen den Angelsachsen und
Russland duldet keinen Widerspruch. Mehrere Personen oder Unternehmen,
die von einem anderen Standpunkt aus berichteten, wurden willkürlicher
Repression ausgesetzt.
In Frankreich begann alles während des Präsidentschaftswahlkampfs im Mai
2017. Zwei russische Medien, RT und Sputnik veröffentlichen die
gehackten Dateien des Teams des Kandidaten Emmanuel Macron und die
Kommentare eines Parlamentsmitglieds über sein angebliches
Offshore-Konto auf den Bahamas. Herr Macron reichte eine Klage gegen
einen unbekannten Täter ein, während die betroffenen Medien ihre Absicht
ankündigten, Klage wegen Verleumdung einzureichen (aber der Präsident
wird während seiner Amtszeit nicht vor Gericht gestellt werden können).
Dann bleibt es jedoch dabei, bis Macron einen Monat später eine
Pressekonferenz mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin in
Versailles gibt. Er beschreibt die russischen Medien als "ein
Einflussorgan, das bei mehreren Gelegenheiten Unwahrheiten über mich und
meine Kampagne produziert hat (...) Russia Today und Sputnik verhielten
sich nicht wie Medien und Journalisten, sondern wie Organe der
Beeinflussung, der Propaganda und der falschen Propaganda, nicht mehr
und nicht weniger. »
Im Jahr 2020 geben die britischen Behörden eine Interpretation der
Vergiftung von Sergej und Julia Skripal ab, während RT eine andere gibt.
Die Medienaufsichtsbehörde, das Office of Communication (Ofcom),
schickte eine Reihe von Mitteilungen an den russischen Sender und
verurteilte ihn schließlich zu einer Geldstrafe von 200.000 Pfund
Sterling, die dann vom High Court of Justice in London bestätigt wurde.
Am 10. März 2021 veröffentlichte die US-amerikanische Direktorin des
Nationalen Geheimdienstes einen Bericht über ausländische Bedrohungen
während der Wahlen von 2020 [1]. Sie sagte, Präsident Wladimir Putin
habe seine Medien angewiesen, die Kandidatur von Joe Biden zu
verunglimpfen und damit die Kandidatur von Donald Trump zu unterstützen.
Nichts davon ist jedoch verwerflich und es wird kein Medium zitiert.
Im Jahr 2022 sind die deutschen Behörden besorgt über die Darstellung,
die RT zur "russischen Aggression gegen die Ukraine" macht. Der Sender
präsentiert die Argumente des Kremls über die "militärische
Spezialoperation", die durch die Präsenz von Neonazis in der Kiewer
Regierung notwendig geworden sei. Die deutschen Behörden verbieten RT
daher und die EU folgt ihnen bald. Am 27. Februar kündigt die
Präsidentin der Kommission, Ursula von der Leyen, das Verbot von RT und
Sputnik in der gesamten Union an. Wenige Tage später sperrt YouTube den
Europäern den Zugang zu den Kanälen des Senders und der Agentur. Einen
Monat später verbietet auch Kanada RT und Sputnik.
Die Zensur nimmt im Jahr 2024 zu. Am 27. März 2024 sperrt die
tschechische Regierung die Website Voice of Europe und verhängt
Sanktionen gegen den ehemaligen ukrainischen Parlamentsabgeordneten
Viktor Medwedtschuk, der die Seite angeblich finanziere. Am selben Tag
führt die polnische Polizei eine Razzia in den Büros der Website in
Warschau durch und beschlagnahmt Bargeld. Am 17. Mai 2024 sperrt die EU
RIA-Novosti sowie Voice of Europe, sowie die Zeitungen Iswestija und
Rossijskaja Gaseta.
Weder in den USA noch in der Europäischen Union gab es eine Klage gegen
RT, Sputnik, RIA-Novosti, Voice of Europe, Iswestija und Rossijskaja
Gaseta. Ihre Sperrungen sind rein administrativer Natur. In der EU gilt
also für russische Medien das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht.
Screenshot |
Quelle:
voltairenet.org
Die
deutsche Bundespolizei hat etwa zwanzig groß angelegte
Durchsuchungen eingeleitet, um ein imaginäres Verbrechen zu
unterdrücken, und beschlagnahmt eine große Menge Ausrüstung. Das
Verwaltungsgericht hob aber später das gesamte Verfahren auf. |
Am 15. Juli 2024 durchsucht die Bundespolizei die Wohnungen des
Chefredakteurs von Compact, Magazin für Souveränität, Jürgen Elsässer,
und auch jene von rund zwanzig seiner Mitarbeiter. Sie suchte nach
Beweisen für die Vorbereitung eines Staatsstreichs, beschlagnahmte eine
Menge Ausrüstung, fand aber nichts. Gleichzeitig schließt die
Innenministerin, die Sozialistin Nancy Fraeser, die Zeitschrift auf
verwaltungstechnischem Wege.
Screenshot |
Quelle:
voltairenet.org
FBI-Durchsuchung von Scott Ritters Wohnung. Der ehemalige
Inspektor der Sonderkommission der Vereinten Nationen (UNSCOM),
die für die Überwachung der Vernichtung von
Massenvernichtungswaffen im Irak zuständig ist, hat sich dadurch
ausgezeichnet, dass er die Lügen von Präsident George Bush
angeprangert hat. Heute noch besteht er darauf, indem er die
atlantische Rhetorik über den Ukraine-Konflikt anprangert. |
Am 7. August 2024 wurde das Haus von Scott Ritter vom FBI durchsucht, um
Beweise für die Finanzierung durch Russland zu finden. Auch hier
beschlagnahmt die Bundespolizei viele Sachen, findet aber nichts. Der
einzige Fehler von Herrn Ritter besteht darin, dass er seit dem Krieg
gegen den Irak nicht aufgehört hat, die Lügen der Regierungen der
Vereinigten Staaten zu analysieren. Eine Form des Protests, die in einer
Demokratie prinzipiell erlaubt ist.
Das Bundesverwaltungsgericht von Leipzig hat am 14. August 2024 das
Verbot von Compact, Magazin für Souveränität aufgehoben, bis die
Regierung Scholz Beweise für die der Zeitschrift vorgeworfene
Verschwörung vorlegt. Es fordert die Rückgabe der Beschlagnahmungen der
Wohnungen von Jürgen Elsässer und seinen Mitarbeitern. In Wirklichkeit
ist Herrn Elsässers einziger Fehler, dass er erklärt hat, die Regierung
Scholz betrüge das deutsche Volk und dass er sie stürzen wolle; eine
Meinung, sicherlich radikal, aber in einer Demokratie im Prinzip
gestattet. Neben seinem Magazin hat er einen Internetkanal geschaffen,
der täglich von 1,2 Millionen Deutschen gesehen wird.
Am 4. September kündigt Washington Strafanzeigen und Sanktionen als
Reaktion auf versuchte Einmischung in die Wahlen an, für die es Russland
verantwortlich macht. Das US-Außenministerium verhängt
Visabeschränkungen für die Medien der Rossiya Segodnja-Gruppe.
Am 13. September 2024 verurteilt Außenminister Antony Blinken in einem
Interview mit der Presse die destabilisierenden Aktivitäten von RT, das
sich seiner Meinung nach in einen "Zweig" des russischen Geheimdienstes
in der Welt verwandelt hat. Fast zwei Jahre zuvor hatten seine Dienste
einen Sonderbericht veröffentlicht: Vom Kreml finanzierte Medien: Die
Rolle von RT und Sputnik im russischen Desinformations- und
Propagandasystem [2]. Drei Tage nach US-Außenminister, am 16. September,
erklärt Meta, zu dem Facebook, Instagram und WhatsApp gehören: "Rossija
Segodnja, RT und andere verwandte Unternehmen sind aufgrund ihrer
ausländischen Einmischungsaktivitäten nun weltweit von unseren Apps
ausgeschlossen."
Am 21. September passt sich das chinesische TikTok dem
US-Außenministerium an und schließt die Konten der russischen Medien.
Natürlich kann man denken, dass diese Fälle nicht miteinander verbunden
sind, auch wenn sie alle Medien betreffen. Dies ist insofern
unwahrscheinlich, als die Behörden der USA und der EU ohne zu zögern
gegen das in der US-Verfassung und in europäischen Texten verankerte
Prinzip der Meinungsfreiheit verstoßen haben. Es stellt sich die Frage,
welches Gremium diese Aktionen koordiniert und zu welchem Zweck.
Im Jahr 2016 berichtete ich bereits über die Einrichtung des Strategic
Communications Centre der NATO [3] und im Jahr 2022 über die des "Disinformation
Governance Board" durch die Biden-Administration [4]. Die erste Einheit
existiert immer noch und entwickelt sich, während die zweite aufgelöst
wurde und ihre Direktorin in den Dienst des britischen Außenministeriums
gewechselt ist.
Das ganze System versucht nun, so früh wie möglich einzugreifen.
Basierend auf den neuesten Erkenntnissen der Neurowissenschaften geht es
darum, dass die Gehirne gelenkt werden, noch bevor sie überhaupt denken
können, das ist "kognitive Kriegsführung". Diese Theorie ist eine
französische Erfindung, die von den drei in Bordeaux ansässigen François
du Cluzel, Bernard Claverie und Baptiste Prébot stammt [5], die dem
Alliierten Kommando für Umgestaltung der NATO unter dem Kommando der
Generäle André Lanata und Philippe Lavigne angehören.
Aus der Perspektive der kognitiven Kriegsführung ist es notwendig, so
schnell wie möglich einzugreifen, bevor bestimmte Ideen ihren Weg
finden. Aus diesem Grund zögerten Russlands Gegner im Februar 2022, als
Russland die Resolution des UN-Sicherheitsrats von 2022 umsetzte (die
von der atlantischen Propaganda fälschlicherweise als "russische
Aggression" bezeichnet wurde), die russische Kultur zu verbieten, und
griffen erst später auf das Verbot russischer Medien zurück. Letzten
Endes ist es für sie von großem Vorteil, nicht russische Ansichten in
den Medien, sondern Medien zu verbieten, die versuchen, russisches
Denken zu verstehen.
Der Feind ist also nicht mehr derjenige, der die Kommuniqués des Kremls
nachstottert, sondern derjenige, der versucht, die Denkweise der Russen
zu verstehen. Und das war doch einst die Aufgabe der Diplomaten: die
Denkweise anderer zu verstehen. Doch am 16. April 2022 hatte Präsident
Macron das diplomatische Korps Frankreichs aufgelöst, kurz nachdem er
russische Medien in Frankreich verboten hatte.
Vor kurzer Zeit verhaftete seine Regierung Pavel Durow, den Gründer von
Telegram, weil er seinen Nutzern ein privates Kommunikationsmittel zur
Verfügung stellte, das den Nutzern ermöglichte, mit Russen zu
diskutieren.
Alle diese Bemühungen werden höchstwahrscheinlich vom Strategic
Communications Center der NATO koordiniert, der einzigen Organisation,
die sowohl Erfahrung in kognitiver Kriegsführung, als auch die Befugnis
hat, ein bestimmtes Medium zu verbieten und dann eine bestimmte Person
zu verhaften.
Laut unseren Informationen werden die Ziele vom Bayerischen Landesamt
für Verfassungsschutz festgelegt. Dieses Amt wurde 1950 vom Hohen
Kommissar der Vereinigten Staaten für das besetzte Deutschland, John
McCloy, gegründet. Es setzte sich aus ehemaligen SS-Männern und
ehemaligen Gestapo-Angehörigen zusammen. Seitdem hat sich daran nichts
geändert: So stufte das Amt vor wenigen Monaten rund 100
Oppositionsgruppen, darunter der Attac-Verein und Die Linke, als
"linksextremistisch" ein, warf ihnen Verbindungen zum Terrorismus vor
und plädierte für ein Verbot.
Zu meiner großen Überraschung hatte ich die Gelegenheit, zu bestätigen,
dass dieses Amt mich als "Agenten russischen Einflusses" einstuft, weil
ich das 1899 von der Regierung von Nikolaus II. und dem
Friedensnobelpreisträger von 1920, dem Franzosen Léon Bourgeois, [6]
geschaffene Völkerrecht verteidigt habe. Anscheinend reagierten diese
feinen Detektive nur auf die Erwähnung des Zaren und ignorierten die des
berühmten Politikers, ehemaligen Vorsitzenden des Rates und ehemaligen
Präsidenten der Nationalversammlung, dann des Senats. Es stimmt, dass
wir ihn bereits in unseren Schulgeschichtsbüchern gestrichen haben.
Dies ist ein unvorhergesehener Moment: Widerstand gegen kognitive
Kriegsführung bedeutet, Referenzwerkzeuge, Vergleichspunkte, mit einem
Wort, Allgemeinwissen zu haben.
Wichtigste Erkenntnisse:
• Anstatt abweichende Meinungen pauschal zu zensieren, will die NATO
unsere Denkweise beeinflussen. Das ist der "kognitive Krieg". Alle Ideen
sind erlaubt, aber niemand sollte eine allgemeine Kultur haben, d.h. ein
intellektuelles Mittel, sie zu überprüfen.
• Die Sperrungen der russischen Medien und die öffentlichkeitswirksamen
Durchsuchungen von Scott Ritter und Jürgen Elsässer machen Verhaftungen
in großer Zahl überflüssig. Es wird nicht mehr nötig sein, die
Bevölkerung zu terrorisieren, wenn sie diejenigen zum Schweigen gebracht
haben, die uns daran hindern, blind im Kreis zu laufen.
|
(Spendenaufruf im Originaltext bei `voltairenet.org
..hier)
Thierry Meyssan
Autor: Thierry Meyssan |
Übersetzung: Horst Frohlich | Korrekurlesen: Werner Leuthäusser
|
[5] Cognitive
Warfare, François du Cluzel, NATO’s Allied Command
Transformation, November 2020.
[6] „Welche
internationale Ordnung?“, von Thierry Meyssan, Übersetzung
Horst Frohlich , Korrekturlesen : Werner Leuthäusser, Voltaire
Netzwerk, 7. November 2023.
|
Dieser Beitrag ist unter Lizenz der Creative Commons (CC
BY-NC-ND)
|
Thierry Meyssan: Politischer Berater,
Gründer und Präsident vom Voltaire Netzwerk - Réseau Voltaire. Letztes
französisches Werk: Sous nos yeux - Du 11-Septembre à Donald Trump. |
Link zum Originaltext mit weiteren Leseempfehlungen
bei ' voltairenet.org '
..hier
|
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