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20.10.2023  00:00 | Teilen
Die israelische Militärzensur
verschweigt Ihnen die Wahrheit

PARADIGMENWECHSEL IN PALÄSTINA (2) - Das war die wichtigste Information von der Al-Aqsa-Sintflut Operation, aber sie war uns dennoch entgangen. Der Angriff auf Israel wurde nicht von Hamas-Dschihadisten verübt, sondern von vier vereinten bewaffneten Gruppen. Es ist das erste Mal seit fünfzig Jahren, dass sich die Palästinenser in Gaza zusammenschließen. - Ob es uns gefällt oder nicht, die langen Jahre der Gleichgültigkeit des Westens gegenüber der Notlage der Palästinenser gehen zu Ende. Von nun an muss man anfangen, das Völkerrecht anzuwenden. [Quelle: voltairenet.org]  JWD
 

Von Thierry Meyssan  |  Quelle: Voltaire Netzwerk  |  Paris (Frankreich)  |  17. Oktober 2023


 
Screenshot  |  Quelle: voltairenet.org

Benjamin Netanjahu kommt, um sicherzustellen, dass seine Soldaten bereit sind, ihm zu gehorchen, was auch immer seine Befehle sind.
 
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ieser Artikel ist eine Fortsetzung von: • « Paradigmenwechsel in Palästina », vom 10. Oktober 2023.

Im Gegensatz zu dem, was ich letzte Woche auf der Grundlage von Meldungen westlicher und arabischer, durch israelische Militärzensur filtrierte Nachrichtenagenturen geschrieben habe, wurde der israelische Angriff am 7. Oktober 2023 (Operation Al-Aqsa-Sintflut) nicht allein von der Hamas verübt. Der Beginn der Aktion wurde von einem gemeinsamen operativen Kommando des gesamten palästinensischen Widerstands beschlossen. Die Hamas, die bei weitem größte Komponente, stellte den Großteil der Truppen, aber drei andere Gruppen beteiligten sich:
    • der Islamische Dschihad (Sunniten und Khomeinisten),
    • die Volksfront zur Befreiung Palästinas (marxistisch)
    • und die Volksfront für die Befreiung Palästinas – Generalkommando (PFLP-GC).
Die westliche Presse berichtete über die barbarischen Verbrechen, die von einigen der Angreifer begangen wurden, aber nicht über den Rückhalt mancher anderer. Nach der Überprüfung stellen sich die Vergewaltigungs- und Enthauptungsanklagen von Kleinkindern [1] als Kriegspropaganda heraus. Dieser einäugige und lügnerische Journalismus sollte uns nicht mehr überraschen.

Diese Klarstellung ändert die Interpretation des Ereignisses. Es handelt sich nicht mehr um eine dschihadistische Operation der Muslimbruderschaft, sondern um einen Angriff aller Palästinenser von Gaza. Nur die Fatah im Westjordanland, die sich von den oben genannten Gruppen fernhält, nahm nicht daran teil.

Ziel dieser Operation war nicht "Juden zu töten", selbst wenn manche Hamas-Dschihadisten es taten (die Israelis zählen im Ganzen 2700 Tote), sondern zivile und militärische Gefangene zu nehmen, um sie gegen arabische Gefangene der israelischen Hochsicherheitsgefängnisse auszutauschen [2]. Dabei handelt es sich nicht unbedingt um Kombattanten, aber auch um Zivilisten. Die Gefangenen wurden abgeführt, ohne ihre Kleidung wechseln zu können, um daran zu erinnern, wie die israelische Armee ägyptische Gefangene am Ende des Sechstagekriegs behandelt hatte.

Man erinnere sich daran, dass der israelisch-palästinensische Konflikt nicht zwischen zwei Staaten stattfindet (Israel hat immer noch keine Grenzen und Palästina wird immer noch nicht anerkannt), sondern zwischen zwei Bevölkerungen. Das ist eine besondere Situation: Die Palästinenser sind nicht durch einen Staat vertreten und die Israelis haben als Besatzungsmacht zusätzliche Verantwortungen.

Diese Ereignisse erfolgen, obwohl der Golfkooperationsrat, die Gruppe der 77, die Liga der arabischen Staaten, die Organisation für Islamische Zusammenarbeit und China am 15. Mai 2023 die Suspendierung Israels von den Vereinten Nationen forderten, solange Tel Aviv seine eigenen Verpflichtungen nicht erfüllen wird [3].

1. HAT DIE OPERATION « AL-AQSA-SINTFLUT » ISRAEL ÜBERRASCHT?
Im Gegensatz zu dem, was die Koalitionsregierung von Benjamin Netanjahu behauptete, hat die "Al-Aqsa-Sintflut" Israel nicht überrascht. Dieser Angriff war seit den Zusammenstößen im Mai 2021 geplant.

Laut CNN hat die Hamas ihre Kämpfer eineinhalb Jahre lang für diese Operation ausgebildet [4]. Sie baute sechs Trainingslager in Gaza und drehte dort Promotion-Videos. Videos dieser Trainingseinheiten wurden Wochen vor dem Anschlag veröffentlicht [5].

Im März 2023 entsandte die Hamas eine starke Delegation nach Russland. Bei dieser Gelegenheit warnte sie den russischen Außenminister Sergej Lawrow, dass ihre Geduld zu Ende gehe und dass ihre Wut „stetig wachse“.

Im Jahr 2023 organisierte der Iran Gespräche zwischen den verschiedenen unabhängigen Kräften der Region, der Hisbollah, dem Islamischen Dschihad und der Hamas. Sie fanden in Beirut (Libanon) unter dem Vorsitz von General Ismail Qaani, dem Kommandeur der Quds-Brigaden der iranischen Revolutionsgarden, statt. Sie zielten darauf ab, diese Akteure zu versöhnen, die einen grausamen Krieg in Gaza und dann in Syrien führten. Diese Treffen wurden im Mai 2003 öffentlich gemacht. Bei dieser Gelegenheit berichtete die libanesische Presse über die Vorbereitungen für die Einheitsaktion, die am 7. Oktober durchgeführt wurde. Der Iran ist daher für die Versöhnung der palästinensischen Fraktionen verantwortlich.

Am 30. Oktober rief der ägyptische Geheimdienstminister Kamel Abbas den israelischen Premierminister an, um ihn vor einer großen Operation der Hamas gegen Israel zu warnen [6]. Ägypten, das die Muslimbruderschaft bekämpft, war besorgt, dass Israel ihr erlauben würde, sich weiter zu entwickeln.

Am 5. Oktober warnte die CIA den Mossad vor einer Großoperation des Vereinigten Palästinensischen Widerstands. Die USA waren besorgt über ihr Ausmaß. Nach Angaben der New York Times aber erwähnten die CIA-Berichte (28. September und 5. Oktober), die immer noch als geheim eingestuft sind, nicht den Einsatz neuer Kampftechniken durch den palästinensischen Widerstand. Der israelische Geheimdienst hielt daraufhin ein Treffen ab, um die Bedrohung zu bewerten. Der Shin Bet (Spionageabwehr) und Amman (militärischer Geheimdienst) nahmen daran teil.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und sein Büro haben daher ihre Bürger belogen, indem sie behaupteten, von der Hamas überrascht worden zu sein.

2. WARUM HAT ISRAEL ZUGELASSEN, DASS DIE EIGENEN LEUTE GETÖTET WERDEN?
Mehrere Hypothesen sind möglich. Hier sind vier davon:

Siedler, die illegal im Westjordanland leben, sind in Israels Koalitionsregierung allgegenwärtig. Sie waren taub und blind für das, was sich in Gaza anbahnte.

Benjamin Netanjahu, der die Ideologie seines Vaters Benzion Netanjahu und dessen Mentors, des Ukrainers Vladimir Jabotinsky, wiederbelebte, beabsichtigte, die palästinensische Präsenz sowohl im Gazastreifen als auch im Westjordanland zu beenden. Er war es, der das geografische Palästina als "ein Land ohne Volk, für ein Volk ohne Land" beschrieb.

Benjamin Netanjahu, der ein altes Projekt wiederbelebte, wollte einen Vorwand schaffen, um einen Krieg gegen den Iran zu rechtfertigen und Israels Einfluss im Nahen Osten auszuweiten.

Die US-Anhänger des deutschen Faschisten Leo Strauss, die das fortsetzen, was sie bereits in der Ukraine tun, wollten einen Vorwand schaffen, um einen umfassenderen Krieg gegen Russland zu rechtfertigen.

Diese vier Hypothesen schließen sich weder gegenseitig aus, noch sind sie erschöpfend.

3. DIE 9/11-PARALLELE
Die israelische Führung zog Parallelen zwischen der offiziellen Version des Hamas-Angriffs und der offiziellen Version der Anschläge vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten. Für sie geht es darum, die Barbarei des Gegners, die Überraschung des Lagers der Guten zu unterstreichen und die Kriege, die folgen werden, zu rechtfertigen.

Diese Parallele wird durch die Tatsache genährt, dass die Hamas behauptet, der palästinensische Arm der Muslimbruderschaft zu sein, während Osama bin Laden vom Blutsbruder des Denkers der Bruderschaft, Mohammad Qutb, ausgebildet wurde.

Diese Parallele ist nicht haltbar: Es ist unmöglich, dass die Anschläge vom 11. September 2001 von al-Kaida verübt wurden. Die US-Behörden waren nie in der Lage, auf meine Einwände gegen ihre Version [7] zu antworten. Darüber hinaus sind seit diesen Ereignissen neue Beweise aufgetaucht, die der Regierung von Präsident George W. Bush widersprechen. Heute glauben 54 Prozent der US-Amerikaner nicht an die Version der Untersuchungskommission des Präsidenten.

Während jedoch unklar bleibt, wer genau die Anschläge vom 11. September 2001 organisiert hat, wurde eine Gruppe identifiziert, die daran teilnahm: das Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert. Eines ihrer wichtigsten Mitglieder, Elliott Abrams, ist nun der Organisator des Regimewechsels, den Benjamin Netanjahu in Israel herbeigeführt hat und den seine Opposition als "Staatsstreich" bezeichnet hat [8]. Angesichts der schweren kriminellen Vergangenheit dieses Mannes, (er ist nämlich in den Völkermord an den Mayas durch den israelischen Terroristen Yitzhak Shamir und den guatemaltekischen General Efraín Ríos Montt verwickelt [9], er wurde in den Vereinigten Staaten für seine Lügen verurteilt [10] und für seine Rolle in der Iran-Contra-Affäre), kann man seine mögliche Rolle bei Israels Passivität bei der Vorbereitung des Hamas-Angriffs mit Grund in Frage stellen.

Letzten Juli berief Präsident Joe Biden diesen umstrittenen Republikaner in die überparteiliche U.S. Advisory Commission on Public Diplomacy, die die US-Propaganda auf der ganzen Welt überwacht.

4. WER HAT DIE HAMAS BEWAFFNET?
Eine derart ausgeklügelte Operation erfordert Ressourcen und Informationen, über die nur ein Staat verfügen kann. Die Waffen, die benutzt wurden, stammten aus den USA, der Sowjetunion und Nordkorea. Sie zirkulieren im Libanon und in Palästina.

Es wurden drei Hypothesen formuliert:
    • Die Hypothese einer iranischen Verantwortung muss aufgrund der Vereinbarung zwischen Hassan el-Banna, dem Gründer der Muslimbruderschaft, und Ruhollah Khomeini, dem Gründer der Islamischen Republik Iran, zurückgewiesen werden. Zudem hat der Iran bereits jede Verantwortung bei den Vereinten Nationen vehement zurückgewiesen. Dies ist dennoch die von Elliott Abrams verteidigte Theorie [11]. Der Iran ist nicht für die "Al-Aqsa-Sintflut" verantwortlich, sondern für die Versöhnung der palästinensischen Fraktionen.

    • Die Hypothese einer russischen Verantwortung stützt sich auf keinerlei Beweise. Allenfalls lässt sich feststellen, dass der Konflikt in Palästina westliche Ressourcen absorbieren und damit ihren Druck gegen Russland verringern wird. In ähnlicher Weise können wir mit einem Anstieg der Kohlenwasserstoffpreise rechnen, was für Moskau günstig ist. Russland verfügt jedoch nicht über die Mittel, um eine neue Front zu bilden, während es in der Ukraine kämpft. Darüber hinaus kämpfte Moskau gegen die Milizen der Muslimbruderschaft seit der Gründung der Russischen Föderation. Dies ist dennoch die Theorie, die der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am 11. Oktober vor den 31 NATO-Verteidigungsministern in Brüssel vertreten hat [12]. Der israelische Verteidigungsminister Yoav Galant intervenierte per Video währen diesem Treffen, in dem gleichen Sinn [13].

    • Die Hypothese einer türkischen Verantwortung bleibt dagegen bestehen. Abgesehen von Präsident Recep Tayyip Erdogan, der den letzten Hamas-Kongress in Istanbul ausgerichtet hat, residieren die höchsten Führer der Hamas jetzt in der Türkei, während die der Muslimbruderschaft als internationales Gremium zwischen Großbritannien, Katar und der Türkei aufgeteilt sind.
    Da US-Außenminister Antony Blinken jedoch wusste, dass die CIA die Vorbereitungen für die Hamas-Operation verfolgte, telefonierte er in der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober mit seinem türkischen Amtskollegen und ehemaligen Geheimdienstchef Hakan Fidan [14], d.h. in dem Moment, in dem die Hamas ihren Angriff startete und noch bevor die israelische Armee aufwachte. Anschließend hat Antony Blinken mit seinen Amtskollegen in Israel und Palästina, dann noch einmal [15] und wieder [16] in der Türkei telefoniert.
    Auf dem Gipfel der NATO-Verteidigungsminister gab Außenminister Lloyd Austin schließlich bekannt, dass die Vereinigten Staaten die Türkei gebeten hätten, für die Freilassung der US-Geiseln zu intervenieren. Er gab jedoch nicht bekannt, ob diese Entscheidung vor oder nach der Entsendung der Marinegruppe USS Gerald Ford getroffen wurde.

5. WAS SAGT DAS VÖLKERRECHT ZUM ISRAELISCH-PALÄSTINENSISCHEN KONFLIKT?
Gemäß den Beschlüssen der Vereinten Nationen haben die Palästinenser das Recht auf einen souveränen Staat in den Grenzen von 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Diese Formel impliziert, dass:
    • Der Staat Palästina hat das Recht, über seine eigene Armee zu verfügen (wogegen sich Israel dauernd aufstellt);
    • Alle nach 1967 eingerichteten jüdischen Siedlungen und Ost-Jerusalem müssen an den Staat Palästina zurückgegeben werden.
    • Jeder Palästinenser wird das Recht haben, nach Israel zurückzukehren und sich in seinem Land niederzulassen (Rückkehrrecht). Israel wird diejenigen entschädigen müssen, deren Eigentum recycelt oder zerstört wurde.
Nach Angaben der Vereinten Nationen haben die Israelis Anspruch auf einen souveränen Staat in den Grenzen von 1967 mit West-Jerusalem als Hauptstadt. Diese Formel impliziert Folgendes:
    • Israel hat das Recht, eine eigene Armee zu haben (die es bereits hat)
    • Alle nach 1967 eingerichteten jüdischen Siedlungen und Siedlungen in Ost-Jerusalem müssen an den Staat Palästina zurückgegeben werden. Es ist nicht unmöglich, dass Israelis weiterhin dort leben werden, aber dann als Ausländer.
    • Israel wird jedem Palästinenser oder seinen Nachkommen, der 1948 ausgewiesen wurde und darum bittet, ein Aufenthaltsrecht gewähren müssen. Israel wird ihm sein Eigentum zurückgeben oder ihn entschädigen müssen (Rückgaberecht).
Ursprünglich sollten diese beiden Staaten (Palästina und Israel) zu einem supranationalen binationalen Staat zusammengeführt werden, in dem jeder Staatsbürger gleiches Wahlrecht besitzen würde. Das ist derzeit offenbar unmöglich. Denkbar ist, dass sich eine internationale Friedenstruppe zwischen den beiden Staaten Palästina und Israel aufstellt. Auch dies scheint schwierig zu sein. Zum einen, weil niemand daran teilnehmen will, und zum anderen, weil dies nicht das ist, was die Vereinten Nationen ursprünglich beabsichtigt haben. Diese sahen friedenserhaltende Beobachter vor, aber keine militärische Interventionstruppe. Schließlich ist es möglich, die Entmilitarisierung der beiden Staaten und die Garantien für die Nichtangriffe ihrer Nachbarn in Betracht zu ziehen.

Jeder hat sehr wohl verstanden, dass das Völkerrecht einen beträchtlichen Verlust an Territorium und Eigentum für Israel auferlegt, während es nur darum geht, die Ansprüche auf Palästina aufzugeben. Aber das ist der Preis für Gerechtigkeit und Frieden.

6. WIE REAGIERT ISRAEL?
Benjamin Netanjahus Koalition, der jüdische Suprematisten angehören, die mit den muslimischen Suprematisten der Hamas vergleichbar sind, änderte im August Israels Grundgesetze, in einem Staat ohne Verfassung. Nach Ansicht von Beobachtern, insbesondere der US-Presse, hat die Regierung einen "Staatsstreich" vollzogen, indem sie die Unabhängigkeit der Justiz unterdrückt hat. Massive Proteste erschütterten Israel seit mehreren Monaten.

Angesichts des Angriffs, dem es ausgesetzt ist, kann Israel nur überleben, wenn es sich bereit erklärt, seine herrschende Klasse zu einen. Der ehemalige Premierminister Yair Lapid forderte den Rücktritt jüdischer Suprematisten, damit er an einer Regierung der nationalen Einheit teilnehmen könne. Itamar Ben-Gvir (Minister für innere Sicherheit) und Bezalel Smotrich (Finanzminister) haben seit ihrer Regierungszeit drei antiarabische Pogrome unterstützt, darunter das von Huwarrah [17]. Der ehemalige Verteidigungsminister, General Benny Ganz, stellte jedoch nicht die gleiche Bedingung. Am Ende beschloss der amtierende Premierminister, beide in seine Regierung aufzunehmen, ohne aber die jüdischen Suprematisten zu entlassen. Aber er schuf einen Kriegsrat, von dem jüdische Suprematisten ausgeschlossen sind.

An dieser Stelle kommt die militärische Zensur ins Spiel. Sie ist so stark, dass der Informationsminister, Distel Atbaryan, mitten im Krieg zurücktritt.

Es ist nicht möglich, die genaue Zusammensetzung dieses Kriegsrats zu kennen, dessen Beratungen sehr stürmisch waren. Man weiss nur, dass der Verteidigungsminister, General Yoav Gallant, keineswegs auf der gleichen Wellenlänge ist wie sein Vorgänger, General Benny Ganz. Nämlich, dass der Premierminister den ehemaligen Generalstabschef, General Gadi Eisenkot, einen Befürworter der massiven Bombardierung von Zivilisten, zu Hilfe rief, um als Beobachter an den Beratungen des Rates teilzunehmen. Unter keinen Umständen sollten die Israelis und der Rest der Welt wissen, wie die einen und die anderen auf Benjamin Netanjahus Passivität angesichts der Vorbereitungen für die Operation Al-Aqsa-Sintflut und der ersten Stunden ihrer Durchführung reagierten. Ebenso weiß niemand, was das Kriegsgericht entschieden hat. Präsident Isaac Herzog selbst blieb von den Beratungen ausgeschlossen.

Es scheint, als wären in den Debatten die Vertreibung nach Ägypten oder das Massaker von zwei Millionen Einwohnern des Gazastreifens erwogen worden. Deshalb eilte US-Außenminister Antony Blinken nach Tel Aviv, um zur Ruhe aufzurufen.

7. WIE KÖNNEN SICH DIE DINGE ÄNDERN?
Das Völkerrecht räumt Israel das Recht ein, sich gegen den Angriff zu verteidigen, dem es ausgesetzt ist. Das tat Israel fünf Tage lang, indem es die Angreifer verjagte, die in sein Territorium eingedrungen waren. In der Folge begann Israel mit der Belagerung des Gazastreifens, während die israelische Armee Gaza-Stadt bombardierte (aber nicht den südlichen Teil des Gazastreifens). Auch diese Operation verstößt erneut gegen das Völkerrecht. Wenn es zwar zulässig ist zu akzeptieren, dass Israel das Recht hat, palästinensische Kämpfer in Gaza weiterzuverfolgen, sind die Belagerung des Gazastreifens und die Bombardierung ziviler Gebäude Kriegsverbrechen. Auf einer Pressekonferenz stellte sich heraus, dass Israels Präsident Isaac Herzog nicht weiß, was seine Armee vorhat.

In Anlehnung an die Position der Arabischen Liga seit dem Sechstagekrieg hat Ägypten seine Grenze zum Gazastreifen geschlossen. Die Liga beabsichtigt, die Forderungen der Palästinenser zu unterstützen und lehnt daher jeden Bevölkerungstransfer und jede Einbürgerung ab. Darüber hinaus hat Kairo nicht die Absicht, für zwei Millionen Einwanderer die Verantwortung zu übernehmen, und schon gar nicht für die Hamas, deren Muttergesellschaft, die Muslimbruderschaft, in Ägypten verboten ist.

Die israelische Armee hält sich bereit, den Gazastreifen wieder zu besetzen. Sie zieht ihre Truppen überall zusammen. Die Besetzung des Gazastreifens wäre ein Verstoß gegen das Völkerrecht, während ein Krieg zur Aufstandsbekämpfung an sich schon ein Kriegsverbrechen wäre.

Die USA haben Waffen und Munition nach Israel geschickt. Sie haben eine Marinegruppe vor Gaza entsendet (den Flugzeugträger USS Gerald Ford, den gelenkten Raketen-Kreuzer USS Normandy und die vier mit gelenkten Raketen ausgestatteten Zerstörer USS Thomas Hudner, USS Ramage, USS Carney und USS Roosevelt) dann eine zweite Marinegruppe (den Flugzeugträger USS Eisenhower, den Lenkwaffenkreuzer USS Philippine Sea, und die drei mit Lenkflugkörpern ausgerüsteten Zerstörer USS Laboon, USS Mason und USS Gravely). Sie riefen Israel jedoch zur Zurückhaltung auf.

Es scheint unmöglich, dass Israel Wladimir Jabotinskys Plan vollkommen ausführen und die 2 Millionen Einwohner des Gazastreifens ohne internationale Intervention massakrieren können wird, angefangen mit einer der Hisbollah. Ein Rückzug der Armee ist wahrscheinlicher.

Thierry Meyssan

Autor: Thierry Meyssan  |  Übersetzung: Horst Frohlich | Korrekturlesen : Werner Leuthäusser
 

 

[3«Israels Teilnahme an den Vereinten Nationen könnte wegen Nichteinhaltung seiner Verpflichtungen ausgesetzt werden», Voltaire, internationale Nachrichten - N°41, 19. Mai 2023.

[4«Hamas militants trained for its deadly attack in plain sight and less than a mile from Israel’s heavily fortified border» by Paul P. Murphy, Tara John, Brent Swails & Oren Liebermann, CNN, October 12, 2023. « Hamas propaganda videos reveal stunning details leading up to attack on Israel », Anderson Cooper 360, CNN, october 13, 2023.

[7Der Inszenierte Terrorismus, Thierry Meyssan, De Facto, 2002.

[8« The U.S. Right-wing Group Behind a Conservative Legal Revolution in Israel », Nettanel Slyomovics, Ha’arets, January 30, 2023. „Der Strauss’sche Putsch in Israel“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich , Korrekturlesen : Werner Leuthäusser, Voltaire Netzwerk, 7. März 2023.

[9«Israeli Connection Not Just Guns for Guatemala», George Black, NACLA Report on the Americas, 17:3, pp. 43-45, DOI: 10.1080/10714839.1983.11723592

[10The El Mozote Massacre : Human Rights And Global Implications, Leigh Binford, University of Arizona Press, 2016.

[11«The Hamas Attack on Israel Couldn’t Have Happened Without Iran», Elliott Abrams, Newsweek, October 12, 2023.

[13«Déclaration du secrétaire général de l’Otan : "Israël n’est pas seul"», Organisation du Traité de l’Atlantique-Nord, 12 octobre 2023.

[14«Secretary Blinken’s Call with Turkish Foreign Minister Fidan», Department of State, October 6, 2023. NB: Zwischen Israel und Washington gibt es einen Zeitunterschied von sieben Stunden. Aus US-Sicht begann die Hamas-Operation am 6. Oktober gegen 23 Uhr.

[15«Secretary Blinken’s Call with Turkish Foreign Minister Fidan», Department of State, October 7, 2023.

[16«Secretary Blinken’s Call with Turkish Foreign Minister Fidan», Department of State, October 8, 2023.

[17«400 israelische Siedler zerstören ein palästinensisches Dorf», Voltaire, internationale Nachrichten - N°30, 3. März 2023

    Dieser Beitrag ist unter Lizenz der Creative Commons (CC BY-NC-ND)

Thierry Meyssan: Politischer Berater, Gründer und Präsident vom Voltaire Netzwerk - Réseau Voltaire. Letztes französisches Werk: Sous nos yeux - Du 11-Septembre à Donald Trump.


Link zum Originaltext mit weiteren Leseempfehlungen bei ' voltairenet.org ' ..hier

  


10.10.2023  [Quelle: voltairenet.org]
Paradigmenwechsel in Palästina (1)
Der unerwartet eingetretene blutige Konflikt begann im geografischen Palästina vor 75 Jahren und hat seitdem immer wieder zu tödlichen Ungerechtigkeiten geführt. Vom Standpunkt des Völkerrechts aus haben die Palästinenser das Recht und die Pflicht, sich der israelischen Besatzung zu widersetzen, so wie die Israelis das Recht und die Pflicht haben, auf den Angriff, den sie erleiden, zu reagieren. Es liegt in der Verantwortung aller, zur Lösung der Ungerechtigkeiten beizutragen, die beide Gruppen erlitten haben, was nicht bedeutet, die grausame Rache einiger von ihnen zu unterstützen.
Darüber hinaus darf die Unterstützung, die dem palästinensischen und dem israelischen Volk gewährt werden kann, nicht zu einer Amnestie ihrer jeweiligen Führer für die von ihnen begangenen Verbrechen oder für die Großmächte, die sie manipuliert haben, führen.

Von Thierry Meyssan  |  Quelle: Voltaire Netzwerk  |  Paris (Frankreich)  |  10. Oktober 2023


 
Screenshot  |  Quelle: voltairenet.org

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verkündet, dass Israel sich im Krieg befinde. Zum ersten Mal in seiner Geschichte wird der jüdische Staat auf seinem Territorium angegriffen. Israel wird zunächst Säuberungsaktionen auf seinem Territorium durchführen und dann in Gaza einen Krieg zur Aufstandsbekämpfung beginnen, nach dem Vorbild der "Schlacht von Algier" und der "Operation Phönix" in Vietnam: Es wird ein sehr schmutziger, mörderischer und unbegrenzter Krieg sein. Israel wird die Ordnung zu seinem Vorteil wiederherstellen können, aber es wird niemals gewinnen können.


 
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er Nahe Osten ist eine instabile Region, in der viele Gruppen gegeneinander ums Überleben kämpfen. Der Einfachheit halber betrachten wir im Westen die Bevölkerung als Juden, Christen und Muslime, aber die Realität ist viel komplizierter. Jede Religion selbst besteht aus einer Vielzahl von Konfessionen. In Europa und im Maghreb zum Beispiel wissen wir, dass die Christen in katholische Kirchen, orthodoxe Kirchen und protestantische Kirchen gespalten sind, aber im Nahen Osten gibt es Dutzende und Dutzende verschiedener Kirchen. Dasselbe gilt für die jüdische und die muslimische Religion.

Jedes Mal, wenn eine Figur auf dem Schachbrett geändert wird, müssen sich alle anderen Gruppen neu positionieren. Das ist der Grund, warum die Verbündeten eines Tages die Feinde von morgen sein können, während die Feinde von heute gestern unsere Verbündeten waren. Im Laufe der Jahrhunderte wurde jeder Mensch Opfer und Henker zugleich. Ausländer, die sich in den Nahen Osten begeben, erkennen sich a priori in jenen Menschen wieder, die die gleiche Kultur wie sie haben, den gleichen Glauben, aber sie wissen nichts von der Geschichte und sind nicht bereit, sie zu akzeptieren.

Wenn wir den Frieden fördern wollen, dürfen wir nicht nur auf diejenigen hören, denen wir uns nahe fühlen. Wir müssen zugestehen, dass Frieden nicht nur bedeutet, die Ungerechtigkeiten zu beseitigen, die unsere Freunde erlitten haben, sondern auch die, die unsere Feinde erlitten haben. Das ist jedoch nicht das, was wir spontan tun. So haben wir in den vergangenen Monaten in Frankreich ausschließlich den Standpunkt mancher Ukrainer gegen die Russen, mancher Armenier gegen die Aserbaidschaner und jetzt mancher Israelis gegen die Palästinenser gehört.

Unabhängig von den vielen Quellen, auf die wir uns beziehen können, müssen wir schließlich diejenigen, die ihre unmittelbaren materiellen Interessen verteidigen, von denjenigen unterscheiden, die ihr Vaterland verteidigen, und denjenigen, die Prinzipien verteidigen. Die Dinge werden jedoch durch Gruppen kompliziert, die nicht religiös, sondern theokratisch sind. Letztere stehen nicht für irgendein höheres Prinzip, sondern benutzen religiöse Sprache um zu siegen.
Nachdem diese Vorbereitungen, kommen wir zu den Fakten.
Die Hamas hat Israel am 7. Oktober 2023 um 6 Uhr morgens angegriffen, am 50. Jahrestag des "Oktoberkriegs 73", der im Westen als israelischer "Jom-Kippur-Krieg" bekannt ist. Damals hatten Ägypten und Syrien Überraschungsangriffe auf Israel durchgeführt, um den Palästinensern zu helfen. Aber Tel Aviv, von Amman informiert und von Washington unterstützt, hatte die arabischen Armeen vernichtet. Anwar Sadat hatte sein Volk verraten, während Syrien dabei den Golan verloren hat.

Die derzeitige Operation kombiniert sowohl einen Raketenhagel, der den israelischen Iron Dome an seine Auslastungsgrenze bringen soll, als auch 22 Bodenangriffe auf israelisches Territorium. Zum ersten Mal in Palästina richtete sich der Raketenbeschuss gegen israelische Kommandozentralen, um die Aktionen der Kommandos zu erleichtern. Letztere sollen offiziell Geiseln nehmen, um mit den 1256 palästinensischen Gefangenen in israelischen Hochsicherheitsgefängnissen über ihren Austausch verhandeln zu können. Die Infiltrationen erfolgten zu Lande, zu Wasser und in der Luft (mit Ultraleichtflugzeugen).

Die Vorbereitung dieser Operation, die Beschaffung von Informationen, die Ausbildung von etwa tausend Kommandos und die Lieferung der Waffen erforderten Monate, wenn nicht Jahre Arbeit. Dennoch haben wir, geblendet von unserer Überzeugung der Überlegenheit, die Vorbereitung nicht bemerkt. Entworfen wurde die Operation von Mohammad Daif, dem operativen Chef der Hamas, der vor zwei Jahren vom Radar verschwunden war und neben Hamas-Sprecher Abu Obaida wieder auftauchte.
Obwohl Israel die Raketen entdecken konnte, aber nicht in der Lage war, sie alle zu zerstören, musste es mindestens 3000 der 7000 abgefeuerten Raketen ertragen. Soziale Medien und arabische Fernsehsender zeigten, dass die Hamas mehrere Panzer und zumindest den Grenzübergang im östlichen Teil des Gazastreifens eingenommen hat. Außerdem hat die Hamas eine Rave-Party im Kibbuz Re’im angegriffen, wo sie mindestens 280 Teilnehmer verletzte und tötete. Überall entführte sie eine große Anzahl von Geiseln, darunter auch Generäle. Ihre Kommandos drangen in mehrere israelische Gemeinden ein und feuerten mit Maschinenpistolen auf die Bewohner. Auf israelischer Seite wurden mindestens 900 Menschen getötet und 2600 schwer verletzt, doppelt so viele wie auf palästinensischer Seite.
Dies ist die größte palästinensische Aktion seit einem halben Jahrhundert.
Was hier geschieht, ist das Ergebnis von 75 Jahren Unterdrückung und Verletzung des Völkerrechts. Dutzende Resolutionen des UN-Sicherheitsrats wurden von Israel verletzt, ohne dass es dagegen Sanktionen gab. Israel ist ein gesetzloser Staat, der nicht gezögert hat, fast alle palästinensischen politischen Führer zu bestechen oder zu ermorden. Es hat die wirtschaftliche Entwicklung der Gebiete absichtlich behindert und gleichzeitig die Schaffung eines separaten palästinensischen Staates gefördert, den es teilweise kontrolliert.

Die Frustration und das Leid, die sich in den letzten 75 Jahren angesammelt haben, spiegeln sich im gewalttätigen und grausamen Verhalten einiger Palästinenser wider, die sich bewusst sind, dass sie von der internationalen Gemeinschaft seit langem im Stich gelassen wurden. Doch die Zeiten ändern sich. Die Mehrheit der Mitglieder der Vereinten Nationen, die das militärische Scheitern des Westens und den Sieg Russlands in Syrien und der Ukraine miterlebt haben, begnügt sich nicht mehr damit, sich vor den Vereinigten Staaten zu beugen. Die Generalversammlung der UNO bekräftigte am Jahrestag der Selbstproklamation Israels zur Unabhängigkeit und des Massakers und der Vertreibung der Palästinenser (Nakba), dass das Völkerrecht auf der Seite der Palästinenser und nicht auf der Seite der Israelis stehe. Das hindert die Hamas nicht daran, Kriegsverbrechen zu begehen.

Die derzeitige Situation ist für beide Seiten hoffnungslos. Nach einem Dreivierteljahrhundert voller Verbrechen kann Israel nicht mehr viel für sich beanspruchen. Seine Bevölkerung ist heute gespalten. In den letzten Monaten haben die "zionistischen Holocaustleugner", d.h. die Anhänger des Ukrainers Vladimir Jabotinsky, die die jüdische Vorherrschaft befürworten, trotz des Widerstands einer knappen Mehrheit der Bevölkerung und massiver Demonstrationen, die Macht in Tel Aviv übernommen. Diese jungen Menschen, die danach streben, in Frieden zu leben, weigern sich, in den Armeen zu dienen, um die Araber brutal zu behandeln, aber sie haben sich den Armeen dennoch angeschlossen, um ihre Familien, die sie lieben, und ihr Land, an das sie nicht glauben, zu verteidigen.

Rechtlich haben die Palästinenser einen Staat gebildet, dem ein Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen gewährt wurde. Nach dem Tod von Jassir Arafat wurde Fatah-Führer Mahmud Abbas zum Präsidenten gewählt. Doch nach dem Sieg der Hamas bei den Parlamentswahlen 2007 und der Unmöglichkeit, den Westen dazu zu bringen, eine Hamas-Regierung zu akzeptieren, führten die Palästinenser einen Bürgerkrieg. Letztlich wird das Westjordanland von der Fatah regiert, der säkularen Partei, die von Jassir Arafat gegründet wurde. Mahmoud Abbas und seine Entourage werden von den Vereinigten Staaten, der Europäischen Union und Israel finanziert. Dagegen ist der Gazastreifen in den Händen der Hamas, des palästinensischen Zweigs der Muslimbruderschaft. Sie wird von Individuen regiert, die den Islam nicht als Spiritualität, sondern als Eroberungswaffe benutzen. Sie werden hauptsächlich vom Vereinigten Königreich, Katar, Israel, der Türkei, dem Iran und der Europäischen Union bezahlt. Beide Seiten haben sich in den letzten 16 Jahren gegen Neuwahlen ausgesprochen. Ihre Anführer leben in mafiösem Luxus, der im Kontrast zu den miserablen Lebensbedingungen ihres Volkes steht.

Zum Zeitpunkt ihrer Gründung wurde die Hamas vom Vereinigten Königreich finanziert. Sie wurde vom israelischen Geheimdienst unterstützt, um Jassir Arafats Fatah zu schwächen. Dann bekämpfte Israel sie und ermordete ihren religiösen Führer, Scheich Ahmed Yassin. Dann wiederum benutzte Israel die Hamas, um die Führer des marxistischen palästinensischen Widerstands zu eliminieren. So griffen Hamas-Kämpfer unter der Aufsicht von Mossad-Agenten und Al-Qaida-Dschihadisten zu Beginn des Krieges gegen Syrien das palästinensische Lager Jarmuk an [1]. Doch heute kämpft die Hamas wieder einmal gegen ihren ehemaligen Verbündeten Israel.

Mohammad Daif gilt als Gründer der Izz al-Din al-Qassam-Brigaden. Wie alle Muslimbrüder ist er ein islamischer Suprematist. Er bezieht sich auf Izz al-Din al-Qassam (1882-1935), einen Gegner des französischen Mandats im Libanon und des britischen Mandats in Palästina. Er hat daher keine Beziehung zum ehemaligen Mufti von Jerusalem und Verbündeten der Nazis, Amin al-Husseini, auch wenn er dessen Antisemitismus teilt. Im Jahr 2010 schrieb er: "Die Izz ad-Din al-Qassam-Brigaden ... sind besser vorbereitet, unseren exklusiven Weg fortzusetzen, auf dem es keine Alternative gibt, und das ist der Weg des Dschihad und des Kampfes gegen die Feinde der muslimischen Nation und der Menschheit. Wir sagen unseren Feinden: Ihr geht den Weg der Auslöschung (zawal), und Palästina wird unser bleiben, einschließlich Al-Quds (Jerusalem), Al-Aqsa (Moschee), seine Städte und Dörfer vom Meer (Mittelmeer) bis zum Fluss (Jordanien), von Norden nach Süden. Ihr habt kein Anrecht auf auch nur einen Zentimeter davon." Mohammad Daif ist kein Soldat, sondern ein Spezialist für Geiselnahmen. Seine Operation dient diesem Zweck, nicht der Befreiung Palästinas.

Während sich der Gesundheitszustand von Präsident Mahmud Abbas verschlechtert, ist die Fatah in drei militärische Fraktionen gespalten:
• jene von Fathi Abu al-Ardate, der Chef der nationalen Sicherheit
• die von Mohammad Abdel Hamid Issa (alias "Lino"), Kommandeur der Kifah al-Moussallah (bewaffneter Kampf). Sie ist Teil der Bewegung von Mohamed Dallan, dem ehemaligen Chef des palästinensischen Geheimdienstes, der Jassir Arafat ermordete. Sie wird nun von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt.
• und die von Mounir Maqdah, dem ehemaligen militärischen Führer der Fatah, der sich der Hamas, Katar, der Türkei und dem Iran angenähert hat.

Im vergangenen Monat kam es zu Zusammenstößen zwischen den drei Fraktionen und denen der islamistischen Hamas sowie zwischen Jund al-Sham und al-Shabab al-Moslem, zwei dschihadistischen Gruppen, die an der Seite der NATO und Israels gegen die Arabische Republik Syrien gekämpft haben. Im Lager Ain el-Heloue (Sidon, Südlibanon) kam es zu schweren Kämpfen. Damals interpretierte ich sie zuerst wie die von Nahr el-Bared (Nordlibanon) im Jahr 2007 [2], bevor ich erkannte, dass sie mit der Agonie von Mahmoud Abbas verbunden waren [3].

Seit 75 Jahren tut Tel Aviv alles in seiner Macht Stehende, um allen, ob Juden oder Arabern, die Gleichheit zu verweigern. Dagegen propagiert es seit dem Genfer Aufruf die "Zwei-Staaten-Lösung", d.h. den letzten kolonialen Plan von Lord William Peel, den die Briten 1937 weder vor Ort, noch 1948 bei den Vereinten Nationen durchsetzen konnten, der aber heute noch Konsens genießt. Von nun an sind es nur noch die Marxisten der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), die in der Wüste predigen, indem sie die Schaffung eines einzigen Staates vorschlagen, in dem jeder Mensch die gleiche Stimme haben würde [4].

Angesichts dessen, was er als palästinensische Invasion ansieht, die aber aus palästinensischer Sicht nur eine Heimkehr ins eigene Haus ist, hat Premierminister Benjamin Netanjahu den Sieg versprochen. Aber was wäre dieser? Die Tötung aller Hamas-Kämpfer wird 75 Jahre Ungerechtigkeit nicht lösen. Ihre Kinder werden ihre Fackel wieder so aufnehmen, wie sie selbst die ihrer Eltern aufgenommen haben.

Um sein Ziel zu erreichen, muss Benjamin Netanjahu zunächst die Israelis vereinen, die er gespalten hat. Nach dem Vorbild von Golda Meir während des "Sechstagekrieges" muss er seine Opposition in die Regierung einbinden. Daher traf er sich auch mit Yair Lapid und General Benny Gantz. Der erste stellte jedoch die Bedingung, dass die jüdischen Rassisten, Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir die Regierung verlassen, d.h. dass der Premierminister sein politisches Projekt und das seiner derzeitigen Sponsoren [5], der Straussianer der Biden-Administration [6] aufgibt.

Die Hamas-Führer haben die palästinensischen Flüchtlinge im Ausland, alle Araber und Muslime aufgerufen, sich ihrem Kampf anzuschließen. Bei den palästinensischen Flüchtlingen handelt es sich in erster Linie um die Mehrheit der Bevölkerung Jordaniens und des Libanon. Mit Arabern sind die libanesische Hisbollah und Syrien gemeint, zwei Mächte, die sich in den letzten Monaten wieder mit der Hamas verbunden haben. Muslime bezeichnet dann den Iran und die Türkei.

Bisher haben sich nur der Islamische Dschihad, also der Iran, und die verschiedenen Widerstandsgruppen im Westjordanland der Hamas angeschlossen.

 
Screenshot  |  Quelle: voltairenet.org

Präsident Erdogan trat aus dem Schatten und forderte am 8. Oktober die Umsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrats zu Palästina.

Im Gegensatz zu dem, was das Wall Street Journal behauptet, ist es nicht der Iran, der die Hamas steuert. Vergessen wird dabei die Vereinbarung zwischen Hassan El-Banna, dem Gründer der Muslimbruderschaft, und Ruhollah Khomeini, dem Gründer der Islamischen Republik Iran. Die beiden Gruppen haben die muslimische Welt unter sich aufgeteilt und es ist ihnen verboten, maßgeblich in den Einflussbereich des jeweils anderen einzugreifen. Teheran hat wiederholt seine Unterstützung für die Palästinenser bekräftigt, aber sein konkretes Vorgehen in Palästina beschränkt sich auf den Islamischen Dschihad.

Die politischen Führer der Hamas leben in der Türkei unter dem Schutz der Geheimdienste. Es ist Ankara, das die Hamas und die Operation „Al-Aqsa-Sintflut“ lenkt. Bei der Einweihung einer syrisch-orthodoxen Kirche am Sonntag, den 8. Oktober, sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan: "Die Schaffung von Ruhe, dauerhaftem Frieden und Stabilität in der Region durch die Lösung der Palästinenserfrage in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht ist die oberste Priorität, auf die wir uns in unseren Gesprächen mit unseren Amtskollegen konzentrieren... Leider zahlen Palästinenser und Israelis sowie die gesamte Region den Preis für die Verzögerung der Anwendung des Rechts). (…) Öl ins Feuer zu gießen wird niemandem nützen, auch nicht der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten. Die Türkei ist bereit, nach besten Kräften ihren Teil dazu beizutragen, um die Kämpfe so schnell wie möglich zu beenden und die durch die jüngsten Vorfälle verursachten erhöhten Spannungen abzubauen."

Die Entscheidung Ankaras, diesen neuen Krieg in der Republik Arzach in Aserbaidschan zu entfesseln und gleichzeitig militärische Ausrüstung an Russland zu schicken, was gegen die einseitigen Zwangsmaßnahmen der USA verstößt, deutet darauf hin, dass die türkischen Diplomaten keine Angst mehr vor Washington haben, das 2016 versuchte, Präsident Erdogan zu ermorden. Sobald diese Operation beendet ist, wird eine andere gegen die Kurden in Syrien und im Irak folgen.

Wenn die Hisbollah nun in den Konflikt eingreift, wird Israel allein nicht in der Lage sein, den Angriff abzuwehren. Seine Existenz kann nur mit der militärischen Unterstützung der Vereinigten Staaten fortgesetzt werden. Die US-Öffentlichkeit unterstützt Israel jedoch nicht mehr, während das Pentagon nicht mehr die Macht hat, es zu verteidigen. Was jetzt passiert, ist eine der Folgen des Ukraine-Krieges. Washington gelingt es nicht, genügend Munition für seine ukrainischen Verbündeten herzustellen. Es war sogar gezwungen, aus seinen Beständen in Israel zu schöpfen. Dort hat es bereits seine Arsenale geleert.

In den ersten Stunden des Konflikts hat die Hisbollah einige Raketen auf die Schebaa-Farmen abgeschossen, also auf das umstrittene Gebiet zwischen dem Libanon und Israel. Damit hat sie gezeigt, dass sie den palästinensischen Widerstand nach der Rhetorik der "Fronten-Einheit" unterstützt. Aber sie ist nicht in den Krieg eingetreten, weil sie der Hamas, die sie in Syrien bekämpft hat, misstrauisch gegenübersteht. Und sie teilt auch nicht die Ideologie der Bruderschaft mit der Hamas.

Alle westlichen Staats- und Regierungschefs haben versichert, dass sie die terroristischen Aktionen der Hamas verurteilen und Israel unterstützen. In der Vergangenheit haben sie nichts getan, um die Ungerechtigkeiten in Palästina zu beseitigen, und diese prinzipiellen Positionen zeugen davon, dass sie dies auch jetzt nicht tun werden. Russland und China ihrerseits, die sich weigern, sich auf die Seite der Palästinenser oder der Israelis zu stellen, haben nicht die Anwendung westlicher Regeln, sondern die Achtung des Völkerrechts gefordert. Man steht jetzt vor einer Situation, in der alle Akteure jede Lösung im Vorfeld absichtlich sabotiert haben, so dass es jetzt fast unmöglich ist, zu verhindern, dass sie in einem Blutbad endet.

Thierry Meyssan

Dieser Beitrag ist unter Lizenz der Creative Commons (CC BY-NC-ND)
 

    [1] „Mossad-Agenten in der Al-Kaida-Einheit, die das Jarmuk-Lager angriffen“, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 1. Januar 2013.

    [2] «Innerpalästinensische Zusammenstöße im Libanon», Voltaire, internationale Nachrichten - N°52, 16. September 2023.

    [3] «Die Nachfolge von Mahmud Abbas», [Voltaire, internationale Nachrichten] - N°54, 29. September 2023

    [4] « Georges Habache et la Résistance palestinienne », par Thierry Meyssan, Réseau Voltaire, 27 janvier 2008.

    [5] „Der Strauss’sche Putsch in Israel“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich , Korrekturlesen : Werner Leuthäusser, Voltaire Netzwerk, 7. März 2023.

    [6] Leo Strauss war sowohl ein deutscher faschistischer Jude, als auch ein revisionistischer Zionist. Er hatte sein Idol Vladimir Jabotinsky in New York mit Benzion Netanjahu, Benjamins Vater, kennengelernt. Anm. d. Autors.
Thierry Meyssan: Politischer Berater, Gründer und Präsident vom Voltaire Netzwerk - Réseau Voltaire. Letztes französisches Werk: Sous nos yeux - Du 11-Septembre à Donald Trump.

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