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18.11.2018 13:30
Internet-Zensur:
Die Panik der Meinungsmacher
Mehrere europäische Länder planen neue Eingriffe und Zensur: Die kritische
Kommunikation im Internet wird aktuell von diversen Seiten angegriffen. Damit
wird an zahlreiche Zensurmaßnahmen der jüngeren Vergangenheit angeschlossen.
Ziel der Vorstöße ist nicht die Kriegspropaganda großer Medienkonzerne, sondern
die Kritik alternativer Medien... [Quelle:
nds.de] JWD
... Zwar wird offiziell „rechte Hass-Sprache“ als Adressat definiert, aber der
Zensur-Aktionismus kann jeden treffen. Er ist einerseits bedrohlich,
andererseits illustriert er die Verunsicherung der Meinungsmacher.
Von Tobias Riegel | nachdenkseiten.de |
15. November 2018
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

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Die freie Meinungsäußerung im Internet wird durch aktuelle europäische Vorhaben
von diversen Seiten bedroht: So fordert die Regierung Österreichs ein “digitales
Vermummungsverbot” und ein Netz-Durchsetzungs-Gesetz (NetzDG) nach deutschem
Vorbild. Außerdem muss laut jüngsten
Äußerungen von Frankreichs Präsident
Emmanuel Macron das „Internet reguliert werden, um frei zu bleiben“. In
Deutschland wirkt bereits das NetzDG und es drohen im Rahmen einer
Urheberrechts-Reform
Uploadfilter, also eine theoretisch mögliche
prophylaktische Zensur, wie die NachDenkSeiten
hier befürchten.
Man muss die Maßnahmen gegen einen freien Austausch im Internet mittlerweile in
einer Liste erfassen – denn die neuen Vorstöße folgen auf eine ganze Reihe von
Zensur-Vorhaben der jüngeren Vergangenheit: So sind auf EU-Ebene nicht nur die
bereits erwähnten Upload-Filter im Gespräch. Die EU möchte ab 2020 auch den
Verbraucherschutz für die Zensur nutzen. Dann werden laut einer Antwort der
Bundesregierung auf eine
Anfrage der FDP, behördliche Zugangssperren für
Internetseiten möglich sein. Denn ein neues Regelwerk der EU ermächtigt laut FDP
künftig sogar Institutionen wie das Eisenbahn-Bundesamt, den Zugang zu Webseiten
komplett zu blockieren.
Niemand manipuliert wie die Medienkonzerne
Zudem wurde kürzlich von Facebook und anderen Internetfirmen der
EU-Verhaltenskodex gegen Fake News unterzeichnet. Das Problem mit dieser
zahnlosen Selbstverpflichtung: Weite Teile der Formulierung zielen
offensichtlich auf „russische Manipulationen“ und solche durch alternative
Medien. Diese Manipulationen sollen hier nicht ausgeschlossen werden, aber sie
haben – selbst wenn die unbelegten Anschuldigungen stimmen sollten – erheblich
weniger Einfluss auf die Meinungsbildung als die großen westlichen
Medienkonzerne. Deren große Verantwortung an der gesellschaftlichen Spaltung und
Verrohung wird gar nicht erst thematisiert. Im Gegenteil, wie „Meedia“ schreibt:
Die Digitalkonzerne verpflichten sich demnach zu Investitionen, “um relevante,
authentische und maßgebliche Informationen, wo geboten, in Suchen, Feeds und
anderen automatisch geordneten Verteilungskanälen den Vorzug zu geben”. Hier
wird von der EU unverblümt die Bevorzugung bestimmter (etablierter)
Medienkonzerne propagiert. Und damit die Benachteiligung/Zensur alternativer
Medien.
Dazu kommen „private“ Initiativen, wie jene von YouTube und Wikipedia gegen
„Verschwörungstheorien“: Wie YouTube-Chefin Susan Wojcicki
ankündigte, möchten
die beiden Plattformen zusammenarbeiten. Wenn YouTube künftig den Verdacht hat,
bei einem Beitrag handele es sich um Desinformation, soll laut den Plänen ein
Wikipedia-Text daneben stehen, der “Fakten liefert, die der Theorie
widersprechen“. Da die Defizite sowohl von YouTube als auch von Wikipedia
bekannt sind, ergeben sich die Zweifel an dem Modell von selbst: Wer
klassifiziert hier nach welchen Kriterien Texte als „Verschwörungstheorie“?
„Echte“ Meinungsfreiheit durch Zensur
Deutschland leistet sich trotz scharfer
Experten-Kritik das mangelhafte NetzDG.
Zusätzlich ist ein Medienstaatsvertrag geplant, der zukünftig auch alternative
Medien zur Beantragung einer Rundfunklizenz verpflichten könnte, wie die
NachDenkSeiten
beschrieben haben. Auch der diskutierte UN-Migrationspakt enthält
Richtlinien, die einer Zensur zumindest nahekommen könnten, wie weiter unten im
Text beschrieben wird.
Was alle diese Pläne verbindet, ist ihre in ablenkenden Worten dargebrachte
Daseinsberechtigung. So wird in diesen Papieren kein einziges Mal von Zensur
oder auch nur von Einschränkung gesprochen. Im Gegenteil – in einer gewagten und
an George Orwell erinnernden Wortakrobatik wird die Situation so dargestellt:
„Echte“ Meinungsfreiheit ist erst dann hergestellt, wenn die „rechten
Populisten“ durch Zensur zum Schweigen gebracht wurden. Die Regelungen sollen
also eine Bresche der Freiheit in die bestehende, durch „rechte Hass-Sprache“
erzeugte Zensur schlagen. In diese Richtung wirkt mutmaßlich auch eine aktuelle
(möglicherweise gut gemeinte)
Aktion von Campact gegen „Hass-Sprache“. Den
undurchschaubaren Charakter von Campact hat Albrecht Müller jüngst
hier und
hier
verdeutlicht.
Alle Kritiker können als „rechts“ gebrandmarkt werden
Gerichtlich überführte Nazi-Blogger sollen gesperrt werden und die ganze Härte
des Gesetzes zu spüren bekommen. Es ist aber ein mittlerweile bekanntes
Phänomen, dass mit dem vorgeblichen Kampf gegen „rechte Hass-Sprache“ Regelungen
begründet werden, die, einmal eingeführt, potenziell auf alle Bürger angewandt
werden können. Dazu kommt, dass viele politischen Begriffe ihre Bedeutung
verloren haben: So werden in transatlantisch orientierten Medien Kritiker an
US-Kriegen bereits als „rechts“ diffamiert. Der Schritt, solche berechtigte
Kritik als „rechte Hass-Sprache“ zu definieren, wäre nach dieser dominanten
Lesart also gar nicht mehr so abwegig. Dann könnte man die Kritik zensieren und
hat nach eigener Definition auch noch etwas für die „Freiheit“ getan.
Dazu kommt eine Verwässerung der juristischen Begriffe: Es gibt keine feste
Definition von „Fake News“ und „Hass-Sprache“ – fordert man aber dennoch deren
Verbot, so kann dieses Verbot sprachlich gestreckt und dadurch auf beliebige
Kritiker angewandt werden. Es gibt bereits klare juristische Regelungen zu
konkreten verbalen Verfehlungen wie Volksverhetzung oder Beleidigung – zum
Konstrukt der „Hass-Sprache“ gibt es diese nicht, dennoch wird offiziell so
getan. Das NetzDG entkräftet hier den Staat, weil er die Internetfirmen zur
Löschung auf „Verdacht“ verpflichtet, ohne dass ein Gericht über die
Strafbarkeit von angeblichen Hasskommentaren entschieden hätte. Die Folge ist
eine (antijuristische) Parallelgerichtsbarkeit unter anderem durch
Internetkonzerne. Der Einsatz von vorbelasteten privaten Organisationen wie „Correctiv“
oder „Atlantic Council“ gegen „Fake News“ unterhöhlt das Gewaltmonopol des
Staates zusätzlich – diese Organisationen sind nicht legitimiert, politische
Zensur auszuüben, schon allein wegen der eigenen Interessenkonflikte.
Zensur-Koalition: Staatliche Stellen,
private Medienkonzerne, neoliberale Thinktanks
Die bestimmenden europäischen und US-amerikanischen Medienkonzerne sind die mit
Abstand größten Fake-News-Produzenten der Gegenwart. Hinter den jahrelang
andauernden Kampagnen wie jenen zum „Volksaufstand“ in Syrien oder zu den
„russischen Einmischungen“ im US-Wahlkampf steht ein finanzieller und
logistischer Aufwand, den Internet-Blogger gar nicht schultern könnten. Der
hysterische Verweis jener großen Medien auf die „Manipulationen des Internets“
sollte daher vor allem als Heuchelei und Ablenkung gedeutet werden.
Nochmals die Betonung: Manipulationen durch Blogger – auch durch „rechte“
Blogger – sind nicht zu leugnen und wenn ein Gericht ihnen Delikte nachweist,
dann sollen sie gelöscht und hart bestraft werden. Aber nicht auf Betreiben von
Facebook oder dem Atlantic Council. Denn wenn sich private Medienkonzerne,
neoliberale Thinktanks und staatliche Stellen gemeinsam daran machen, die Kritik
und die Konkurrenz als rechten Hass abzutun, so ist das nicht nur die erwähnte
Heuchelei, sondern es ist eine große Gefahr für die Demokratie. Das hat auch der
Wirtschaftsblogger Norbert Häring gerade im Zusammenhang mit dem umstrittenen
Migrationspakt der UN festgestellt: „Der Pakt lässt keinen Raum für legitime Kritik an der Förderung von Migration.
Es gibt nur den Gegensatz von „Migration ist gut für alle und förderungswürdig“
oder „Hass und Fremdenfeindlichkeit“. In diesem Kontext gelesen drängt sich
durchaus der Verdacht auf, dass die Partnerschaft von Regierungen und Medien,
die der Pakt ausruft, dazu dienen soll, Kritik an der Migrationsförderung zu
delegitimieren und nicht kooperative Medien abzustrafen. Dass das Ausrufen einer
Partnerschaft von Regierung und Medien, egal bei welchem Thema, der Freiheit und
Unabhängigkeit der Medien widerspricht, sollte sich auch Migrationsfreunden ohne
weiteres erschließen.“ Der von Jahr zu Jahr verstärkte und in diesen Wochen nochmals zugespitzte Kampf
gegen die Meinungsfreiheit im Internet erscheint bedrohlich und unaufhaltsam –
einerseits. Andererseits liefert gerade das Internet (noch) die Mittel, um sich
zur Wehr zu setzen. Zudem ist der EU-weite Aktionismus zur Internet-Zensur nicht
nur eine Gefahr für die kritische Kommunikation – er ist auch ein Zeichen der
Sorge der etablierten und enttarnten Meinungsmacher.
Link zum Originaltext bei ' nachdenkseiten.de '
..hier
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Tags:
alternative Medien, Fake News, hate speech, Medienstaatsvertrag,
Meinungsfreiheit, Migrationspakt, Netzwerkdurchsetzungsgesetz, Neusprech,
private Medien, private Schiedsgerichte, Urheberrecht,
Verschwörungstheorie, Wikipedia, YouTube, Zensur |
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