Von Thierry Meyssan | Voltaire Netzwerk | Berlin
(Deutschland) | 29. Oktober 2015
Quelle: voltairenet.org (verlinkt) |
veröffentlicht 05.09.2015
Angela Merkel versucht, das politische
Vorgehen im Syrienkonflikt zu ändern
Als die USA 2003 zum Angriff auf Syrien übergingen, wandten sie sich an
Deutschland und Israel, ehe sie die Operation an Großbritannien und Frankreich
übergaben. Damals beteiligten sich die deutschen Geheimdienste an der Seite des
Mossad an der Ermordung von Rafik al-Hariri, indem sie eine Waffe lieferten, die
nur sie besaßen [1]. Der Plan ging dahin, eine antisyrische Volksbewegung ins
Leben zu rufen und dann die Marine zu entsenden, um die „Besatzer“
zurückzudrängen – in Übereinstimmung mit dem Plan des US Committee for a Free
Lebanon und des Forums Mittlerer Osten von Daniel Pipes, der in „Ending Syria’s
Occupation of Lebanon: The U.S.Role“ dargelegt wird [2]. Aber die Operation
scheiterte, da Syrien unterstrich, dass seine militärische Präsenz im Libanon
auf Ersuchen der internationalen Gemeinschaft (Abkommen von Taif [3]) erfolgte,
und das Land räumte, als die Straße darum ersuchte.
Deutschland spielte auch eine entscheidende Rolle zusammen mit Israel, als der
US-Botschafter Jeffrey Feltman die internationale Untersuchungskommission
organisierte, die von Ban Ki-moon mit der Herstellung der Wahrheit beauftragt
war. Berlin stellte den ehemaligen Staatsanwalt Detlev Mehlis zur Verfügung, der
der CIA schon unglaubliche Dienste geleistet hatte, als er ein Attentat des
Mossad in Berlin Muammar al-Gaddafi zuschrieb, sowie den ehemaligen
Polizeikommissar und BND-Agenten Gerhard Lehmann, der in der Folge in die
Verbrechen einbezogen war, welche die CIA in den geheimen Gefängnissen beging
[4]. Aber auch hier scheiterte die Operation: Nachdem die Präsidenten Emile
Lahoud und Baschar al-Assad angeklagt worden waren, die Ermordung von Rafik
Hariri finanziert zu haben, löste sich der Mehlis-Ausschuss im Skandal um
falsche Zeugen auf [5].
Überdies verstrickte sich Deutschland in den gegenwärtigen Krieg – diesmal an
der Seite von Großbritannien und Frankreich –, indem es den Vorsitz der
Versammlung der „Arbeitsgruppe für den Wiederaufbau und die Entwicklung“ der
„Freunde Syriens“ an einen hohen Diplomaten, Clemens von Goetze, übergab. Der
teilte im Juni 2012 während einer Versammlung in Abu Dhabi die Reichtümer
Syriens zwischen den Staaten auf, die eine Sabotage der Genfer Konferenz
akzeptierten. Ohne überhaupt die Arabische Republik Syrien gestürzt zu haben,
verteilte man schon die Konzessionen zur Förderung seiner Gasvorkommen.
Finanzminister Wolfgang Schäuble schuf eine dauerhafte Geschäftsstelle,
ausgestattet mit einem Budget von 600.000 Euro, um die Plünderung der
Kohlenwasserstoff-Vorräte zu verwalten. Er vertraute sie Gunnar Wälzholz an, der
schon auf identische Weise gegen Afghanistan verwendet worden war [6].
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veröffentlicht 05.09.2015
Im Januar 2015 versammelte eine Solidaritätskundgebung in Berlin
deutsche politische Führungskräfte und moslemische Prominente als
Reaktion auf das Attentat gegen Charlie Hebdo. Frau Merkel
marschierte Arm in Arm mit Alman Mazyek, dem Vorsitzenden des
Zentralrats der Muslime in Deutschland. Obwohl er vorgibt, er habe
mit der Muslimbruderschaft gebrochen, und einen ergebnisoffenen
Diskurs führt, schützt Mazyek innerhalb seiner Organisation die
Milli Gorus (die rassistische Organisation von Recep Tayyip Erdogan)
und die Muslimbrüder (die Matrix der dschihadistischen
Organisationen unter Vorsitz von Mahmoud Ezzat, ehemals der
verlängerte Arm von Sayyed Qutob). |
Als Frankreich die Genfer Konferenz sabotierte, half Deutschland wieder bei der
Umsetzung der Pläne – 2007 ausgedacht von John Negroponte, der damals Direktor
der US-amerikanischen Nachrichtendienste war – für einen Krieg nach Art des
nicaraguanischen. Es ging darum, die terroristischen Gruppen zu vermehren, um
das Land „zur Ader zu lassen“. Frankreich stellte die internationale
Koordination der Muslimbrüder zur Verfügung, die sich seit dem Kalten Krieg
stets auf seinem Staatsgebiet in Aix-la-Chapelle befanden. Gegenwärtig wird von
dort aus der Rückzug von Ahrar el-Sham, von al-Qaida, Daesh und anderen
organisiert.
Heute jedoch stellt die Regierung Merkel die Wirksamkeit der russischen
Bombardierungen, die US-amerikanischen Ausflüchte und den Umbruch des
internationalen strategischen Gleichgewichts fest. Sie sucht nach Wegen, sich
aus diesem verlorenen Kampf zurückzuziehen und mit Syrien Frieden zu schließen.
Offensichtlich entspricht dieser Umschwung einer so lange erwarteten – und von
Washington so lange befürchteten – Annäherung zwischen Berlin und Moskau.
Diese Entwicklung kann der Öffentlichkeit am Beispiel der Flüchtlingskrise
erklärt werden. Auf Verlangen des Chefs der Schwerindustrie Ulrich Grillo schon
ein Jahr im Voraus vorbereitet und von Präsident Recep Tayyip Erdogan, dem Hohen
Flüchtlingskommissar Antonio Guterres und dem Spekulanten George Soros
vollzogen, haben Hunderttausende Menschen den Balkan durchquert, um zu
herabgesetzten Kosten in Deutschland arbeiten zu gehen [7]. Gleichwohl wurde
diese Operation unterbrochen durch den Beginn des russischen Militäreinsatzes,
wodurch die Deutschen Angst bekamen, dass Dschihadisten, die vor den
Bombardierungen flüchteten, sich unter die Migranten und Flüchtlinge mischen
könnten. Die deutsche Bevölkerung erhebt sich bereits gegen die Flüchtlinge,
weil die Arbeitgeberschaft die Gelegenheit genutzt hat, um in mehreren
Bundesstaaten den Mindestlohn außer Kraft zu setzen. Infolgedessen bietet die
„Flüchtlingskrise“ ein mögliches Alibi für eine Veränderung der Politik
gegenüber Syrien.
Wie es auch sei, die Annäherung zwischen Deutschland und Syrien wird schwierig
zu verhandeln sein. Der Außenminister und ehemalige Schirmherr der
Nachrichtendienste, Frank-Walter Steinmeier, hofft ein Treffen vom Typ 5+1 (das
Format der Wiener Iran-Verhandlungen) arrangieren zu können, um den syrischen
Konflikt zu lösen. Aber Russland drängt darauf, anspruchsvoller zu sein und
Präsident Putin, Kanzlerin Merkel, Präsident Hollande und Präsident al-Assad
(das Normandie-Format wie im Fall der Ukraine) um den Tisch zu versammeln.
Autor:
Thierry Meyssan |
Übersetzung:
Sabine
[1] „Enthüllungen über den Mord von Rafiq Hariri“, von Thierry Meyssan,
Übersetzung Horst Frohlich, ?dnako (Russland), Voltaire Netzwerk, 23. Januar
2014.
[2] « Les plans de l’US Committee for a Free Lebanon », par Thierry Meyssan,
Réseau Voltaire, 8 mars 2005.
[3] « Accord de Taëf (23 octobre 1989) », Réseau Voltaire, 23 octobre 1989.
[4] „Attentat auf Rafic Hariri: Ziehen diejenigen, die den Abzug betätigt haben,
jetzt die Fäden?“, Interview von Jürgen Cain Külbel mit Silvia Cattori, Voltaire
Netzwerk, 22. September 2006.
[5] « La commission Mehlis discréditée », par Talaat Ramih, Réseau Voltaire, 9
décembre 2005.
[6] „Die "Freunde von Syrien" teilen sich die syrische Wirtschaft bevor sie sie
erobert haben“, von German Foreign Policy, Voltaire Netzwerk, 14. Juni 2012.
[7] „Die gefälschte „Flüchtlingskrise““, von Thierry Meyssan, Übersetzung
Sabine, Voltaire Netzwerk, 7. September 2015.
Thierry Meyssan
Thierry Meyssan [ist ein] Französischer Intellektueller, Präsident und Gründer des Réseau
Voltaire und der Konferenz Axis for Peace. Er veröffentlicht Analysen über
ausländische Politik in der arabischen, latein-amerikanischen und russischen
Presse. Letztes, auf Französisch veröffentlichte Werk : L’Effroyable imposture :
Tome 2, Manipulations et désinformations (hg. JP Bertand, 2007).
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