<< zurück | Home | JWD-Nachrichten | Teilen

14.11.2013 12:05
Willst du nicht mein Bruder sein, schlag ich dir den Schädel ein
Neoliberale Hetzpropaganda gegen Frankreich - Eigentlich hat Frankreich alles richtig gemacht und ist in Sachen Währungsunion der Musterschüler schlechthin. Auch gibt es keine über das übliche Maß hinausgehende wirtschaftlichen Probleme. Im Gegenteil, vieles ist besser im Lot als in anderen Volkwirtschaften. Nach dem Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf, wird Frankreich propagandistisch torpediert und  nieder gemacht. Anlässlich der aktuellen Herabstufung Frankreichs durch die Rating-Agentur Standard & Poor’s, hat sich der us-amerikanische Professor für Volkswirtschaftslehre, Paul Robin Krugman zu Wort gemeldet. JWD

Paul Krugman schreibt [Übersetzung von Sabine Tober]:

10.11.2013 NYT

The Plot Against France - Das Komplott gegen Frankreich

Am Freitag hat die Rating-Agentur Standard & Poor’s Frankreich herabgestuft. Das sorgte für Schlagzeilen, und viele Berichte erweckten die Vorstellung, Frankreich stecke in einer Krise. Aber die Märkte gähnten bloß: Die fast am historischem Tiefststand liegenden französischen Kreditkosten bewegten sich kaum. Was also ist hier los? Um das zu verstehen, muss man das Vorgehen von S.&P. im Zusammenhang mit der Politik der fiskalischen Austerität im weiteren Sinne sehen.

Und hier geht es wirklich um Politik und nicht um Wirtschaft. Denn das Komplott gegen Frankreich - ich meine das nicht so ganz ernst, aber es gibt tatsächlich eine Reihe von Leuten, die das Land schlechtmachen wollen - das Komplott gegen Frankreich ist ein deutlicher Beweis dafür, dass den Haushaltskritikern in Europa ebenso wie in Amerika das Defizit eigentlich egal ist. Aber sie nutzen die Angst vor der Staatsverschuldung für ihre ideologischen Zwecke. Und Frankreich, das da nicht mitmachen will, ist zur Zielscheibe konstanter negativer Propaganda geworden. Lassen Sie mich das etwas weiter ausführen.

Vor einem Jahr erklärte die Zeitschrift The Economist, Frankreich sei “die Zeitbombe im Herzen Europas” mit Problemen, die diejenigen Griechenlands, Spaniens, Portugals und Italiens in den Schatten stellen könnten. Im Januar 2013 sagte der leitende Auslandsberichterstatter von CNN Money, Frankreich befinde sich “im freien Fall”, es sei ein Land “mit Stoßrichtung auf die wirtschaftliche Bastille”. Ähnliches findet sich überall in Wirtschaftsblättern. Bei solcher Rhetorik geht man mit den schlimmsten Erwartungen an die französischen Daten heran. Und was man dann findet, ist zwar ein Land in wirtschaftlichen Schwierigkeiten - wo gibt es eins ohne? - aber ein Land, das im Großen und Ganzen im Vergleich zu seinen Nachbarn genauso gut oder sogar besser dasteht, mit der großen Ausnahme Deutschlands, zugegebenermaßen.

Frankreichs Wachstum war in der letzten Zeit schleppend, wenn auch bedeutend stärker als das der Niederlande beispielsweise, die immer noch mit AAA bewertet werden. Gängigen Schätzungen zufolge waren die französischen Arbeiter sogar noch etwas produktiver als ihre deutschen Kollegen vor zwölf Jahren - und tatsächlich sind sie das auch noch immer. Frankreichs fiskalische Zukunft indessen sieht ganz und gar nicht beunruhigend aus. Das Haushaltsdefizit ist seit 2010 stark gesunken, und der Internationale Währungsfonds erwartet, dass das Verhältnis der Verschuldung zum BIP über die nächsten fünf Jahre mehr oder weniger stabil bleibt. Wie steht es mit dem längerfristigen Problem der alternden Bevölkerung? Das gibt es in Frankreich ebenso wie in den anderen reichen Ländern.

Aber Frankreich hat fast die höchste Geburtenrate in Europa - nicht zuletzt wegen staatlicher Programme, die ein Anwachsen der Geburtenrate begünstigen und zur Erleichterung der Lebensqualität berufstätiger Mütter beitragen - und so sind die demografischen Prognosen bedeutend besser als die seiner Nachbarn, Deutschland eingeschlossen. Und Frankreichs außergewöhnliches Gesundheitssystem mit seiner hohen Qualität bei niedrigen Kosten wird sich künftig als enormer Vorteil für den Staatshaushalt erweisen. An den Daten gemessen ist es also nur schwer einzusehen, warum Frankreich nun sonderlich viel Schmach verdient.

Also noch einmal, was geht hier vor? Hier ist ein Anhaltspunkt: Ollie Rehn, Europas Kommissar für Wirtschaft und Währung - und eine treibende Kraft bei der scharfen Austeritätspolitik - hat vor zwei Monaten Frankreichs scheinbar so vorbildliche Fiskalpolitik kritisiert. Warum? Weil sie auf Steuererhöhungen und nicht auf Ausgabenkürzungen beruht - und Steuererhöhungen, so erklärte er, “zerstörten Wachstum und verhinderten die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Anders ausgedrückt, vergesst meine Worte zur Haushaltsdisziplin, ihr sollt den Sozialstaat abbauen. S.&Ps Begründung für die Herabstufung läuft, wenngleich in nicht ganz so klaren Worten, auf dasselbe hinaus: Frankreich wurde herabgestuft, weil “ der derzeitige Ansatz der französischen Regierung zur Haushalts- und Strukturreform bei der Besteuerung sowie bei den Güter-, Dienstleistungs- und Arbeitsmärkten die mittelfristigen Wachstumschancen Frankreichs nicht wesentlich verbessern dürfte.” Auch hier ist es egal, wie die Haushaltszahlen aussehen, denn wo bleiben Steuersenkungen und Deregulierung?

Nun könnte man ja annehmen, Herr Rehn und S.&P. hätten ihre Forderungen mit solidem Beweismaterial begründet, dass Ausgabenkürzungen für die Wirtschaft tatsächlich besser sind als Steuererhöhungen. Dem war aber nicht so. Und tatsächlich deutet Forschung am IWF darauf hin, dass das Gegenteil der Fall ist, wenn man in einer Rezession Defizite abbauen will: Temporäre Steuererhöhungen schaden der Wirtschaft viel weniger als Ausgabenkürzungen. Oh, und wenn man anfängt, die Wunder von “Strukturreform” zu preisen, seien Sie auf der Hut. Das ist hauptsächlich ein Codewort für Deregulierung - und die Beweise für die Vorteile von Deregulierung sind ja nun wirklich alles andere als stichhaltig.

Man erinnere sich nur daran, wie sehr Irland in den 90er und 2000er Jahren für seine Strukturreformen gelobt wurde; Der heutige britische Finanzminister George Osborne nannte das Land “ein leuchtendes Beispiel.” Und was wurde daraus? All dies klingt amerikanischen Ohren vertraut, und das sollte es auch. Fast ausnahmslos zeigen sich die amerikanischen Haushaltskritiker viel mehr daran interessiert, Medicare und Social Security zusammenzustreichen, als tatsächlich das Haushaltsdefizit zu senken.

Europas Austerianer geben jetzt zu erkennen, dass sie ungefähr genauso sind. Frankreich hat die unverzeihliche Sünde begangen, haushaltspolitische Verantwortung zu zeigen, ohne dabei den Armen und Unglücklichen wehzutun. Und das muss bestraft werden.  [Quelle: nds.de]

Zum übersetzen Originaltext von Sabine Tober bei ' nds.de ' (PDF).. hier  | englisch [NewYorkTimes] ..hier


Anmerkung: Bei der neoliberalen Hetzpropaganda gegen Frankreich agiert Deutschland an vorderster Front. Auch in den aktuellen Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD bleiben Europa betreffende, wirtschaftspolitische Themen außen vor. Da bin ich mal gespannt wie die HartzIV-Partei sich künftig gegenüber den französischen Genossen positionieren wird. Wahrschein wird mit 2020 als Juniorpartner von Merkel auch weiterhin gemeuchelt werden.


Passend zum Thema:

16.07.2012 14:15
Hedgefonds beherrschen die Welt - Diktatur der Schattenbanken -  80% der Finanztransaktionen außerbörslich
Längst hat das dunkle Reich des Schattenbanksystems von Hedgefonds, außerhalb jeder staatlichen Kontrolle, die Weltherrschaft übernommen. Die Hedgefonds sind Eigentümer der Banken und Eigentümer eines Großteils der realen Wirtschaft. Der größte Eigentümer der Deutschen Bank z.B. ist der Hedgefond "Blackrock", der gleichzeitig Anteile an allen 30 deutschen Dax-Konzernen und an den wichtigsten amerikanischen Konzernen besitzt. Blackrock ist auch Hauptaktionär der beiden weltweit größten Ratingagenturen Standard&Poor's sowie Moody's. Die fast unbekannten übermächtigen Dunkelmänner und -frauen operieren von juristischen Kommandozentralen aus, die extraterritorial im Schattenreich der unregulierten Finanzoasen angesiedelt sind. [Quellen: Publikationen W.Rügemer] JWD  ..mehr


 
<< zurück | Home |