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12.04.2013 11:35
Margaret Thatcher (1925 – 2013) - «Möge die Eiserne Lady in Frieden rosten»
Keine andere politische Figur Europas hat in den letzten Jahrzehnten das Denken weit über das eigene Land hinaus so geprägt wie Margaret Thatcher. Und so viel Verheerendes angerichtet. [Quelle: woz.ch]  JWD

Sie behielt ihr Ziel stets im Auge und zeigte sich zuweilen pragmatisch. Sie war entschlossen und hatte gleichwohl manchmal Mitgefühl. Sie verfolgte strikt eine Mission und legte trotzdem eine überraschende Flexibilität an den Tag. Es gibt durchaus Positives zu sagen über die erste Premierministerin des Vereinigten Königreichs, die am Montag einem Schlaganfall erlag. Aber nicht viel.

Denn Margaret Thatcher hat vor allem zerstört und das Neue, das sie schuf, ausschließlich den Reichen und Mächtigen zukommen lassen. Sie hat das Sozialgefüge Britanniens demontiert, die Wirtschaft deindustrialisiert, Kriege vom Zaun gebrochen, die Demokratie ausgehöhlt, Millionen ins Elend gesetzt, ganze Landstriche entvölkert, sich mit den falschen Leuten verbündet (der chilenische Diktator Augusto Pinochet war für sie «ein guter Freund», Nelson Mandela hingegen «ein Terrorist»), den Londoner Finanzplatz dereguliert (die Folgen sind angesichts von Offshore-Leaks gerade wieder zu besichtigen), die Eliten verhätschelt, einen permanenten Klassenkrieg von oben geführt – und all jene kollektiven Organisationen zerstört, die ihr im Weg standen.

Und sie hat polarisiert, bis über ihren Tod hinaus. Während die politische Klasse ihr Hinscheiden bedauerte, kam es in zahlreichen Städten – von Bristol bis Glasgow, von London bis Derry in Nordirland – zu spontanen Freudenbekundungen. Vergleichbares war seit dem Sturz osteuropäischer Potentaten nicht mehr zu beobachten. «Die Eiserne Lady ist weg», jubelte einer auf dem Netz, «möge sie in Frieden rosten.» Und das war noch recht freundlich formuliert.

Glück und Wille
Wie aber hat es die Krämerstochter aus dem kleinen Örtchen Grantham geschafft, zur einflussreichsten Person an der Regierungsspitze seit Clement Attlee zu werden, jenem grossen Reformer kurz nach dem Krieg? Durch eisernen Willen, weil sie zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle war und mit viel Glück. [..]

Heraus kam eine Ich-ich-ich-Ellenbogen-Konsum-Gesellschaft. Und ein betriebswirtschaftliches Budgetverständnis, das – siehe die Rezepte zur Bewältigung der Eurokrise – ganze Volkswirtschaften in den Ruin treibt; so wie Thatcher es während ihrer Amtszeit tat. Sie hat nicht «Britannien gerettet», wie es jetzt heisst. Sondern innerhalb weniger Jahre die industrielle Produktion um ein Viertel gesenkt, die Arbeitslosigkeit in die Höhe getrieben und die Kriminalität um siebzig Prozent gesteigert.

Gewonnen hat sie trotzdem. Auf die Frage, was denn ihr größter Erfolg gewesen sei, antwortete Thatcher, als sie noch bei Sinnen war: «New Labour.» Damit hatte sie ausnahmsweise einmal recht: Ihre Nachfolger Tony Blair und Gordon Brown von der Labour-Partei haben durch noch weiter gehende Privatisierungen und Deregulierungen und den Verzicht auf eine Korrektur ihrer Entscheidungen den Thatcherismus überhaupt erst institutionalisiert. Thatcher hätte aber auch sagen können: «Die heutige Politik in Europa.» Denn der marktradikale Wahnsinn, dem sie zum Durchbruch verhalf, ist noch immer allgegenwärtig.

Link zum vollständigen Artikel bei ' woz.ch ' ..hier


Anmerkung: Ein NachDenkSeiten-Leser hat dort dem Hinweis zum Artikel angemerkt, man solle über Verstorbene nichts Schlechtes reden oder schreiben. Insofern sei die Überschrift schon daneben. Der Rest stimmt leider. - Ich sehe ein solches Diktum nicht. Oder käme ein klar denkender Mensch auf die Idee z.B. über Hitler nichts schlechtes sagen, oder schreiben zu wollen. Bei allem was die Dame auf dem Kerbholz hat, ist jedes Schönreden und eine damit einhergehende Glorifizierung ihrer Person gleichzeitig eine Verhöhnung der Opfer ihrer inhumanen Politik.


 
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