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02.01.2013 10:25
Eigenlob statt Problemlösungen oder wie politisches Versagen an die Bürgerinnen und Bürger weitergereicht wird
Neujahrsansprache - Aufrufe zu Mut und Zuversicht gehören zum Ritual von Neujahrsansprachen. Die Frage ist allerdings immer, woraus sich solche Hoffnungsappelle speisen sollen. Angela Merkels Ausblick auf 2013 war eine Flucht in die anbiedernde Beliebigkeit und in die verklärende Idylle. [Quelle: nds.de / Wolfgang Lieb]  JWD

Dieser Neujahrsansprache fehlte jeder Mut zur Wahrheit und zur Wahrnehmung der Wirklichkeit und schon gar fehlte jeder Anhaltspunkt, dass durch politisches Handeln dieser Regierung das Jahr 2013 zu einem glücklicheren Ende führen könnte.

Beliebig war schon der Einstieg: „2013 wird ein Jahr vieler 50. Jahrestage“. Es gibt wohl kein Jahr, zu dem man nicht fünfzigste Jahrestage aufzählen könnte. Vor allem, wenn es sich um so beliebige Ereignisse handelt, wie die von Merkel für erwähnenswert gehaltenen, nämlich dass 1963 „Dinner for One“ aufgezeichnet wurde oder dass vor fünfzig Jahren der erste Spieltag der Fußball-Bundesliga stattfand. Solche Beispiele sind nichts anderes als eine durchschaubare Anbiederei an ein unpolitisches Publikumsinteresse.

Darüber helfen auch die anderen historischen Reminiszenzen, wie der Besuch John F. Kennedys an der Berliner Mauer oder die Unterzeichnung des Elysee-Vertrages durch Charles de Gaulle und Konrad Adenauer nicht hinweg. Zumal im Hinblick auf die deutsch-französische Freundschaft – gerade angesichts des derzeit gespannten Verhältnisses zwischen Hollande und Merkel – keinerlei zukunftsgerichtete Aussage oder gar ein politisches Bekenntnis folgte.

Womit will die Bundeskanzlerin nun selbst Mut zeigen und womit will sie Mut machen?
Der Verweis auf ein Zitat des seligen Gründers der „Gesellenvereine“, Adolph Kolping, der die wirtschaftliche und seelische Not geknechteter Menschen seiner Zeit zu lindern versuchte, bleibt ohne wenigstens einen Satz, wo und wie Merkel die Armut und Demütigung vieler Menschen unserer Zeit angehen will, reine Zitathuberei.

Statt selbst auch nur ein Stückchen Mut zu zeigen, flüchtet Merkel in die von der eigenen Verantwortung ablenkende, beliebte Politikerrhetorik des Lobs auf die freundschaftliche, nachbarliche oder familiären Selbsthilfe. Ohne auch nur ein einziges Wort über die politische verursachte zunehmende Spaltung und die Fliehkräfte in unserer Gesellschaft zu verlieren, erzählt Merkel lieber anrührende „Geschichten“ zivilgesellschaftlichen Engagements, die jenseits der ökonomischen und sozialen Wirklichkeit „Zusammenhalt“ belegen sollen. [..]

Weil Merkel (bzw. ihre Redenschreiber) wohl selbst bemerkten, dass aus dem was die Neujahrsansprache an konkreten Anhaltspunkten für mehr Zuversicht der Bürgerinnen und Bürger zu bieten hatte, doch äußerst dürftig ist, musste zum Schluss als Lückenfüller mal wieder ein klassisches Zitat her: „Zuversicht für das kommende Jahr kann sich auch aus einem Satz des griechischen Philosophen Demokrit speisen. Er hat gesagt: “Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende”.

Wenn an diesem Sinnspruch etwas Wahres dran wäre, dann dürfte nach diesem Ausblick Merkels in das neue Jahr – jedenfalls für sie selbst – kein Glück am Ende stehen. Dann wäre sie persönlich nämlich nicht mehr Kanzlerin. Dieser Neujahrsansprache fehlte jeder Mut zur Wahrheit und zur Wahrnehmung der Wirklichkeit und schon gar fehlte ein Anfang durch politisches Handeln das Jahr 2013 zu einem glücklicheren Ende zu führen.

Link zum vollständigen Artikel bei ' nds.de ' ..hier


Anmerkung: Beliebiges, belangloses und offensichtlich gelogenes. So lässt sich der Inhalt dieser Neujahrsansprache wohl am besten charakterisieren.


Nachtrag 03.01.2013:
Märchenstunde mit Angela Merkel
Die Neujahrs-Ansprache ist ein Ritual, [..] Vor dem Jahreswechsel ziehen sich deutsche Bundeskanzlerinnen und –kanzler für ein paar stille Stunden zurück und verfertigen eine Neujahrsansprache, die sie den Landeskindern dann zu Silvester im Fernsehen vortragen. Dieser Zeitung liegt ein Entwurf vor, für dessen Echtheit wir uns nicht verbürgen können, der aber Sensationelles zutage bringt: Angela Merkel hat sich in diesem Jahr entschlossen, den Menschen zu öffnen, was viele bisher zu Unrecht für eine Mördergrube hielten: ihr Herz. Hier der Wortlaut:

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
das kommende Jahr steht bei uns in Deutschland ganz im Zeichen des Märchens. Das tun andere Jahre, wie Sie gleich sehen werden, zwar auch. Aber 2013 ist das Jahr der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm. Schon kurz vor Weihnachten haben wir sie gefeiert, als sich das Erscheinen ihrer Märchen zum 200. Mal jährte. Und im September begehen wir den 150. Todestag von Jacob Grimm – wohl fast gleichzeitig mit der Bundestagswahl. Erlauben Sie mir aus diesem Anlass ein paar Gedanken zur Bedeutung des Märchens in der heutigen Politik.

Märchen, liebe Landsleute, erzählen uns nicht die Wirklichkeit, doch genau darin liegt oft ihre tiefe Wahrheit. Sie helfen uns gerade dadurch, wahr und falsch, Gut und Böse besser zu unterscheiden. Man könnte auch sagen: Jenseits der Wirklichkeit ordnen sie die Welt ganz neu -und geben uns damit das wärmende Gefühl, die Dinge zu verstehen.

Und genau darum, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sind Märchen, vor allem unsere deutschen Hausmärchen, ein ideales Vorbild für uns Politikerinnen und Politiker. Lassen Sie mich ein paar Beispiele nennen:

Ich könnte Ihnen heute erzählen, was die europäische Finanzkrise mit deutscher Lohnsenkungspolitik, mit einseitiger Exportorientierung und Steuerdumping zu tun hat. Aber seien wir ehrlich: Wäre das nicht eine kalte, das Unwohlsein fördernde Geschichte, noch dazu ohne Happy End? Möchten Sie nicht auch lieber glauben, es handele sich um eine „Staatsschuldenkrise“ und wir Deutschen könnten Europas Profiteure bleiben, wenn nur die anderen ihre „Hausaufgaben“ machen und sich wie „schwäbische Hausfrauen“ benehmen? [..]  [Quelle: Frankfurter Rundschau 28.12.2012 / Stephan Hebel]

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