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08.10.2012 13:15
Krankhaft Lachen, übersteigerter Sexualtrieb…
ROM - Mit Riesenbrimborium wurde am 7. Oktober 2012 die erst im Mai dieses Jahres von Papst Benedikt XVI heiliggesprochene Benediktineräbtissin Hildegard von Bingen (1098-1179) in den Stand einer „Kirchenlehrerin“ erhoben. Ihre besondere Leistung war die „Apotheke Gottes“ - eine beispielhafte Quacksalberei. [Quelle: hpd.de] JWD


Während die katholische Kirche mehr als 14.000 Selige, Heilige und als heilig verehrte Märtyrer kennt, gibt es nur 33 offiziell anerkannte Kirchenlehrer, die, um dieser allerhöchsten Auszeichnung teilhaftig zu werden, nicht nur heiligmäßig gelebt und nachweisliche Wunder vollbracht, sondern darüber hinaus einen „eminenten Beitrag zur Lehre und zum Verständnis des Glaubens“ geleistet haben müssen. Neben den vier „Kirchenvätern“ Ambrosius, Augustinus, Hieronymus und Papst Gregor I. zählen zu den bekannteren Kirchenlehrern Thomas von Aquin, Petrus Canisius oder Albertus Magnus.

Welchen Beitrag genau Hildegard von Bingen zur Glaubenslehre der Christenheit geleistet haben soll, ist nicht erkennbar.  Da sie sich aber ausgezeichnet vermarkten lässt, wie sich anlässlich des Rummels um ihren 800sten Todestag (1979) und mehr noch um ihren 900sten Geburtstag (1998) zeigte, woraufhin sogar ein Spielfilm über sie in die Kinos kam (2009), wurde sie 2010 von Papst Benedikt mit einer eigenen Katechese gewürdigt: er bezeichnete sie als „eine der wichtigsten Frauengestalten des Mittelalters“ (*), als „Prophetin und Gesandte Gottes“. [..]

Der Legende nach waren Hildegard schon ab frühester Kindheit „Visionen“ (**) zuteil geworden, die sich ab ihrem vierten Lebensjahrzehnt zu mystischer Einsicht unter anderem in das Wesen der Sünde, der Vergebung und die Natur des Kosmos verdichteten. In einer ihrer späteren Visionen war sie von einer Stimme beauftragt worden, ihre Einsichten aufzuzeichnen, was zur Niederschrift von neun Büchern, über siebzig Gedichten und mehr als dreihundert Briefen führte. Neben allerlei theologischen Auslassungen und Prophezeiungen befasste sich Hildegard in zwei Büchern mit medizinischen Fragen und Heilmethoden.

Im Mittelpunkt ihres Konzepts stehen Beten und Fasten, daneben verschreibt sie bestimmte Pflanzen- und vor allem Edelsteintinkturen, deren jeweilige Rezeptur sie in ihren Visionen „von höherer Warte“ empfangen haben will. Ob dies zutrifft, muss dahingestellt bleiben, jedenfalls weist Hildegards Edelsteinheilkunde deutliche Parallelen zu einer seinerzeit in Adels- und Klerikerkreisen weitverbreiteten Schrift mit dem Titel „Lapidarius“ auf, die der französische Benediktinermönch Marbod (1035-1123), später Bischof zu Rennes, über die Wirkung von Steinen auf den menschlichen Organismus verfasst hatte.

Überhaupt ist unklar, ob die Hildegard zugeschriebenen medizinischen Werke tatsächlich von ihr stammen; es existieren keine Originalschriften, das Buch „Physica“ wurde erstmals 1533 in Straßburg gedruckt. Noch mehr Unsicherheit herrscht über das zweite Buch „Causae et Curae“.

In erster Linie empfiehlt Hildegard, die Steine in Wasser einzulegen und dieses dann zu trinken. Schwache Augen beispielsweise, Herzbeschwerden und Darmstörungen seien mit Wasser zu behandeln, in dem ein von der Sonne erwärmter Bergkristall eine Stunde lang gelegen habe; solches Kristallwasser solle schluckweise den Tag über getrunken werden. Achatwasser helfe bei Schlafwandeln und Insektenbissen, Zirkonwasser (Hyazinth) bei Wahnvorstellungen, krankhaftem Lachen und übersteigertem Sexualtrieb. [..]

Depressive sollen Aquamarin oder Jaspis auflegen, dazu Veilchen in Wein trinken und den Körper mit Fenchelsaft einreiben. Dazu empfiehlt Hildegard regelmäßiges Beten sowie eine Art Autogenes Training: „Federleichte Seele, bleib stark und kleide dich in eine Rüstung aus Licht“. [..]

Tatsächlich beruht das Medizinverständnis Hildegards auf mittelalterlichen Vorstellungen mit magisch-okkultem Einschlag, insbesondere ihre Edelsteinmedizin entbehrt jeder rationalen Grundlage. Solche Vorstellungen nun zur Grundlage einer zeitgemäßen Behandlung von Epilepsie, Herzklappenentzündung, Krebs oder Querschnittlähmung zu machen, wie Hildegardgläubige Heilpraktiker und Alternativmediziner dies tun, muss als unverantwortliche Scharlatanerie gewertet werden. Auch und gerade dann, wenn Papst Benedikt die „Apotheke Gottes“ seiner neuernannten Kirchenlehrerin besonders würdigt.

Link zum vollständigen Artikel bei ' hpd.de ' ..hier


Anmerkung: Mit Ausnahme des Fotos ist obiger Artikel unverändert in Auszügen wiedergegeben. Der Autor erkennt meines Erachtens zutreffend, warum die katholische Kirche die Mystikerin Hildegard von Bingen, fast 1000 Jahre nach ihrem Ableben, wieder ins kirchliche Bewusstsein rückt.

Die offizielle Begründung, es ginge um Hildegards Visionen nebst ihrer medizinischen Leistungen erscheinen in der heutigen Zeit mehr als sehr fadenscheinig. Die 10 000 Mitglieder des Vereins 'Bund der Freunde Hildegards' und die zunehmend hohe Publizität der Dame in Folge initiierter Bewegungen, sind wohl die wirklichen Gründe der Kirchenväter, um so an dieser Wiederauferstehungs-Vermarktung gebührend teilzuhaben.

Ohne die Vermarktungsstrategien von Gottfried Hertzka und Helmut Posch hätte es wahrscheinlich auch keine Selig-, Heilig- und sonstige Sprechung gegeben. Da sind schon eigennützige, handfeste, wirtschaftliche Interessen dahinter [Link zur Homepage ' heilfasten.by ' ..hier] . Die Welt ist kleiner als man denkt und alles ist miteinander verwoben.

Zitat:
Es ist schwerer, Gefühle zu verbergen, die man hat, als die zu heucheln, die man nicht hat. (François de La Rochefoucauld)


*) Gerne möchte ich auf die Tatsache hinweisen, dass das Thema Hildegard bei weitem nicht einer so breiten Öffentlichkeit bekannt wäre, wenn nicht einige (anfangs) wenige Menschen daran gearbeitet hätten. Im konkreten war es Dr. med. Gottfried Hertzka (1913-1997), der mehr durch Zufall und durch die Tatsache, dass er als Medizinstudent ein eher schlechter Lateiner war, auf die (lateinischen) Schriften der hl. Hildegard gestoßen ist bzw. sie wiederentdeckt hat.

Seine Arbeit in der ärztlichen Praxis und die vielen Heilerfolge mit z.B. dem Gewürz Galgant gaben den Ausschlag dazu, diese, auch als traditionelle europäische Medizin zu bezeichnende Naturheilkunde, erstmals richtig ernst zu nehmen. Die ersten deutschen Hildegard-Bücher entspringen ebenfalls der Feder von Dr. Hertzka. Diese Publikationen machten unter anderem Helmut Posch aus Österreich auf Hildegard von Bingen aufmerksam.

Durch das Verständnis dieser beiden Männer um die Wichtigkeit der, zum damaligen Zeitpunkt, neu entdeckten Hildegard-Medizin konnten erst die Gründerschritte für die Informationsweitergaben zum Thema gelegt werden.
Zu einem großen Teil ist es Helmut Posch zu verdanken, dass zum heutigen Zeitpunkt, Hildegard von Bingen mehr als eine Wiederauferstehung erfährt. Möglich machte dies die Gründung des ersten Hildegard-Vereins (***) der Welt, dem "Bund der Freunde Hildegards" e.V. Dieser Verein zählt mehr als 10.000 Mitglieder im deutschen Raum. [..]

Dazu schreibt ein anderes Mitglied: Meiner Beobachtung nach wird "Hildegard" gerne als verkaufsförderndes Werbeattribut für unterschiedlichste Produkte verwendet, sei es nun Esoterik, Naturheilkunde oder Lifestyle. Es wäre interessant von einem Experten zu erfahren, welche Anwendungen tatsächlich auf Hildegard von Bingen zurückgehen und was schlichtweg Etikettenschwindel ist. Antwort: [..]
Es gibt keine "Original Hildegard-Medizin", da keine zeitgenössischen Schriften von ihr erhalten sind. Das mit dem Etikettenschwindel ist also durchaus zutreffend. [..] [Quelle: wiki/Diskussion/Archiv/2006 ..hier ]

Die Medizin Hildegards basiert ziemlich klar auf der Humoralpathologie des Galenos, somit kann man sie natürlich nicht als etwas vollkommen Eigenständiges betrachten. Hildegards Neuerung war die Einbeziehung der Volksmedizin und der christlischen Mystik. Und im Bereich Sexualpathologie findet sich in der Trotula (um 1110) deutlich mehr Fachwissen. Das soll keinesfalls die Leistungen Hildegards herabwürdigen, aber man sollte sie auch nicht als geradezu Wundersam überhöhen. [Quelle: wiki/Diskussion/Archiv/2007 ..hier]

**) Da es sich bei religiösen Visionen um subjektive Erlebnisse handelt, die ausschließlich aus den nachträglich gegebenen Beschreibungen der Visionäre bekannt sind, entziehen sie sich weitgehend einer naturwissenschaftlichen Untersuchung. Möglich ist allerdings ein Vergleich der beschriebenen Erlebnisse und begleitender körperlicher und mentaler Symptome mit optischen und akustischen Wahnvorstellungen psychisch Erkrankter und mit Phänomenen bei vorsätzlich erzeugten Ausnahmezuständen (Rausch, Ekstase). Auf solchen Vergleichen fußen Deutungsversuche aus medizinischer und psychologischer Sicht... [Quelle: Wikipedia ..hier]

In gewisser Weise gibt es tatsächlich einen naturwissenschaftlichen "Beleg" für ihre sogenannten Visionen: Sie hat unter Migräne gelitten, und die Lichterscheinungen, die sie sah, sind typisch für die Sehstörungen, die bei Migräneanfällen auftreten können. Sie wird auch im Wiki-Artikel Migräne erwähnt. Der Neurologe Oliver Sacks hat diesem Phänomen bei Hildegard von Bingen in einem seiner Bücher ein ganzes Kapitel gewidmet. [Quelle: wiki/Diskussion/Archiv/2005
..hier ]

***) Alleine in Deutschland dürfte es zwischenzeitlich etliche Hundert Hildegard von Bingen -Vereine, -Förderkreise, -Gesellschaften etc. geben [..hier]. Da macht die Heiligsprechung vom Mai diesen Jahres und die jetzige Ernennung zur Kirchenlehrerin doch Sinn. Oder?

 
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