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01.08.2012 17:45
ESM: Falsch bleibt auch unbegrenzt falsch
"Erstens führt ein ESM mit Banklizenz nicht zu einem Schuldenabbau, sondern zu einer unlimitierten Bankenrettung. Zweitens müssten dafür nach wie vor die Bürgerinnen und Bürger die Zeche zahlen. Denn Hilfen vom ESM gibt es nur, wenn sich die Länder einem drakonischen Kürzungsdiktat unterwerfen. Drittens würden mit einem unlimitierten Rettungsschirm unkontrolliert weitere gigantische Geldbeträge in ein überdimensioniertes Bankensystem gepumpt werden", schreibt Sahra Wagenknecht in ihrer Pressemitteilung.  [Quelle: sahra-wagenknecht.de ..hier]   JWD


Kommentar: Sieht man den Eiertanz, den die etablierten Parteien in Sachen Eurorettung vorführen, bleibt eigentlich nur Verwunderung. Frei nach der Devise: wasch mich, aber mach mich nicht nass, wird die Quadratur des Kreises probiert. Jetzt auf einmal traut man sich offensichtlich selbst nicht mehr und will den ESM zurecht nicht mit zuviel Machtfülle ausstatten.

Schon vor Monaten haben namhafte Wissenschaftler vorgeschlagen, der EZB die Aufgabe zuzuweisen, als "Letzte Instanz" Sicherheit für alle Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Der Spekulation gegen Staaten in der Gemeinschaft wäre sofort jede Grundlage entzogen. Direktkredite an die Staaten wäre ein weiterer Schritt um Zinswucher auszuschalten.

Die kontraproduktiven Kürzungsauflagen in Verbindung mit Krediten sind zu streichen. Die Sanierung der Staatshaushalte durch Besteuerung der großen Vermögen, welche Nutznießer der bisherigen Politik waren, sind als Sofortmaßnahmen durchzuführen. Schon ist die akute Krise über Nacht gelöst.

Längerfristig müssen Mitgliedsstaaten die vorgebenden Inflationskriterien strikt einhalten. Diese Kriterien sind für jedes Land so zu bemessen, dass die seit Bestehen der Währungsunion entstandenen Leistungsungleichgewichte sich gegenläufig Entwickeln und innerhalb eines definierten Zeitraums angeglichen sind. Nach dieser Anpassungsphase gilt für jedes Land die gleiche Inflations-Zielvorgabe. Unter- oder Überschreiten dieser vorgegebenen Ziele müssen zu harten Sanktionen führen und notfalls zum Ausschluss aus der Union.

Das ganze Geschwätz von Inflationsgefahr wird dadurch hinfällig!! 

Anmerkung: Wenn diese, gemeinschaftlich festzulegenden Inflationsvorgaben, für jedes Land verbindlich vorgegeben und eingehalten werden, dann funktioniert Europa mit freien, unabhängigen, nationalen Staaten - ohne Fiskalpakt und ohne ESM!!



Passend zum Thema [Quelle: FTD, Artikel vom 31.07.2012], Auszüge:
Heiner Flassbeck* – Die niedrigen Löhne sind schuld an der Krise
Der Euro-Rat des Inet, des von George Soros gegründeten Instituts für Neues Ökonomisches Denken, hat in einer denkwürdigen Stellungnahme versucht, die Politiker in Europa aufzurütteln. Das ist lobenswert, aber vielleicht zu spät, gerät doch die Euro-Zone allmählich in jenes komatöse Stadium, in dem man geneigt ist, nur noch für den Patienten zu beten, aber nicht mehr, nach Wegen zurück zum Leben zu suchen. Schlimmer noch ist, dass die dort versammelten europäischen Ökonomen, statt neu zu denken, im ältesten ökonomischen Denkmuster der Welt gefangen sind.

Als Ursprung der Krise identifizieren die Ökonomen, nicht anders als Herr Sinn, "Kapitalflüsse" in die Defizitländer, sprich nach Südeuropa, die von den Überschussländern zumindest geduldet wurden. Da staunt man nicht schlecht. Warum sollten Kapitalflüsse in einer Währungsunion ein Problem sein? Da hat man sich auf ein gemeinsames Inflationsziel geeinigt, die Zinsen sind nominal gleich und die Länder Teil einer EU, die nichts für wichtiger hält als die Freiheit der Kapitalflüsse - und plötzlich sind genau die das Problem. [..]

Das alte Denken hilft nicht, weil es geprägt ist von der Furcht, über Löhne zu reden. Nur Lohnentwicklungen aber können erklären, wie es zu realen Auf- und Abwertungen kam und warum es so schwer ist, diese zu korrigieren. Wer fest daran glaubt, dass es einen eigenständigen Arbeitsmarkt gibt, wo Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen, kann und muss nicht über Löhne reden. Wer zur Kenntnis nähme, dass Lohnstückkosten, also der Abstand der Nominallöhne zur Produktivität, die Preissteigerungen dominieren, der verlöre das Kostbarste, was er als Ökonom hat: den Glauben an die flexiblen Arbeitsmärkte, die Vollbeschäftigung herstellen würden, wenn die Arbeiter es nur zuließen.

Wer über Löhne redete, müsste zugeben, dass Deutschland mit seiner extrem schwachen Lohnentwicklung maßgeblich zu den Auf- und Abwertungen beigetragen hat, und fragen, ob das gerechtfertigt war angesichts eines Inflationsziels von zwei Prozent. Um aus der Krise herauszukommen, müsste man letztlich vorschlagen, die Lohnentwicklung im Euro-Raum über Jahre zu kontrollieren, um die Aufwertung der Defizitländer zu beseitigen. Doch das ist Teufelszeug. Kurieren wir lieber noch ein bisschen an den Symptomen und verschieben das neue Denken aufs nächste Mal.

Link zum vollständigen Artikel bei Financial Times Deutschland ..hier


*) Heiner Flassbeck ist Chefökonom der United Nations Conference on Trade and Development (Unctad).

 
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