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22.07.2012 11:55
Die Botschaft hör ich wohl, - allein mir fehlt der Glaube: Gabriel will Banken regulieren
spd.de -  Sigmar Gabriel hat ein Thesenpapier vorgestellt, dass auf der SPD-Homepage am 21.7.2012 veröffentlicht wurde,  mit der Überschrift: "Eine Minderheit schadet der Mehrheit - und dem ganzen Land". Ein Ziel, so ist zu lesen: "Anstatt wie bisher Staaten zu erpressen und die Politik zu diktieren, müssen Banken auch pleitegehen können - ohne dass ganze Volkswirtschaften zusammenbrechen". Bravo, dass ist doch mal was!  Hört sich wie ein Donnerschlag an, auch wenn es vermutlich wieder nur eine Platzpatrone ist. JWD


Ähnlich schallende Töne aus der SPD wurden nicht Publik, als es kürzlich im Deutschen Bundestag darum ging, die Allmacht der Banken einzugrenzen. Im Gegenteil, der Fiskalpakt mit ESM erhielt nur deshalb eine 2/3- Mehrheit, weil viele SPD-ler ihrer grundgesetzlichen Verpflichtung, nämlich Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, gerade nicht nachgekommen sind.

Schon die Einleitung des Thesenpapiers verrät, dass es mit den Forderungen nicht ganz so ernst gemeint sein kann. Wirkliche Aufklärung darüber, um welche Kategorien von Banken es überhaupt geht, fehlt vollkommen, bzw. wird eher noch verschleiert.
 
Zitat: "Wie immer gilt: Die Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutscher, europäischer und internationaler Banken macht einen guten Job. Aber eine Minderheit von Bankmanagern riskiert durch ihr Verhalten täglich einen gigantischen volkswirtschaftlichen Schaden und hat einen massiven Vertrauensverlust für die gesamte Branche zu verantworten. Das Vertrauen in Banken und Finanzmärkte wieder herzustellen, ist nicht allein die Aufgabe der Politik."

Das in diesem Satz verborgene Nichtssagende wird deutlicher, wenn man das Wort Bank einmal durch einen ähnlich unpräzisen Überbegriff ersetzt und entsprechende Analogie herstellt:
 
Analogie: Die Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutscher, europäischer und internationaler Firmen macht einen guten Job. Aber eine Minderheit von marktbeherrschenden Managern riskiert durch ihr Verhalten täglich einen gigantischen volkswirtschaftlichen Schaden und hat einen massiven Vertrauensverlust für alle Firmen zu verantworten. Das Vertrauen in Firmen und Märkte wieder herzustellen, ist nicht allein die Aufgabe der Politik.

Ich kann nicht Glauben, dass Sigmar Gabriel den Unterschied nicht kennt, zwischen einer lokalen Sparkasse, die das Geld der normalen Leute einsammelt und verwaltet und einer weltweit operierenden Investmentbank, die mit riesigen Vermögen ihrer Anleger spekuliert und zockt. Die Unterschiede von der Aufgabenstellung, Größe und Marktmacht sind mindestens so gravierend, wie der Unterschied zwischen einer Einmann-Firma und einem multinationalen Großkonzern.

Wer sonst, wenn nicht die Politik, soll denn die Aufgabe haben, wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen vorzugeben, damit derart unterschiedliche Unternehmungen in einem fairen nebeneinander existieren können. Genau dafür werden die Damen und Herren Politiker in ihre Ämter gewählt. Somit sind schon die ersten beiden Sätze in Gabriels Thesenpapier als reiner Populismus entlarvt.

Die ersten drei Punkte im Thesenpapier sind wohl richtig erkannt. Da hat er möglicherweise doch was mitgekriegt, von den Vorträgen seiner Kollegen aus der Fraktion der Linken.
 
Zitat: "1. Banken erpressen die Staaten. Aus Angst vor dem „Dominoeffekt“ und dem gigantischen Schaden für die reale Wirtschaft durch ein Zusammenbrechen großer Teile des Bankensystems wurden und werden die Regeln der Marktwirtschaft bei Banken und an den Finanzmärkten auf den Kopf gestellt: Sie müssen für den Schaden, den sie anderen bereiten, nicht aufkommen." [..]

Statt staatlicher Rettungsschirme muss es einen privatwirtschaftlichen Rettungsschirm („Banken-ESM“) der großen Banken untereinander geben, [..]

Wo trotzdem Banken durch staatliches Handeln „gerettet“ werden müssen, muss der Staat auch Eigentümer werden. Diese teilweise oder vollständige Verstaatlichung darf in Zukunft nicht mehr einzelfallbezogen erfolgen, sondern muss generelle gesetzliche Regelung werden, um ausreichend abschreckend auf die Aktionäre zu wirken.

2. Banken diktieren die Politik. Sie betreiben auch heute riskante Geschäft als hätte es die Finanzkrise 2008 nicht gegeben. Und wenn es schief geht, „bestellen“ sie bei der Politik „Rettungspakete“. Diese Rettungspakete werden immer gewaltiger und ihre Verabschiedung hat den Deutschen Bundestag längst in einen permanenten verfassungsrechtlichen Ausnahmezustand gezwungen. [..]

3. Einige Banken leisten Beihilfe zur Steuerkriminalität. Die aktuellen Fälle in der Schweiz zeigen: Manche Banken drücken nicht nur beide Augen zu, sie leisten nicht nur Beihilfe, sie sind Teil eines Netzwerks, das auch vor kriminellen Aktivitäten nicht zurückschreckt. Steuerhinterziehung und Beihilfe dazu sind keine „Sünden“, sondern schwere Straftaten, die mit bis zu 10 Jahren Haft bestraft werden können. Schwere und bandenmäßig organisierter Steuerhinterziehung in Millionenhöhe ist organisierte Kriminalität. [..]

Diese drei Positionen hören sich gut an und wären ein Meilenstein in der deutschen Politik, wenn dies ernst gemeint und der Vorschlag in der SPD konsensfähig werden würde.

Zweifel sind angebracht, denn zumindest die Führungsriege segelt bei strammem Wind unter neoliberaler Flagge auf vorgegebenem Kurs, etwa auf gleicher Höhe wie die Grünen, im Schatten von FDP und CDU. Sigmar Gabriel hat ja schon häufiger ganz provokant mit ureigenen sozialdemokratischen Positionen in der Partei seine Standesgenossen verwirrt. Aber rumgekommen ist wohl eher wenig, bis nichts bei solchen Manövern.

Warum nur kommt mir in diesem Zusammenhang Heiner Geißler in den Sinn? Ist Gabriel der Geißler der SPD? Hat er wie Geißler in Wahlkampfzeiten die Aufgabe die eher linkslastigen Sympathisanten bei der Stange zu halten und vielleicht ein paar Wähler vom rechten Rand der Linken abzuwerben? Ich hoffe, die Phantasie geht gerade mit mir durch.

Aber was ist davon zu halten, wenn Gabriel weniger den erzwungenen "permanenten verfassungsrechtlichen Ausnahmezustand" im Bundestag als Problem sieht, sondern als "am schlimmsten" das sinkende Ansehen der Politiker bei den Wählern beklagt.
 
Zitat: "[..] Am schlimmsten aber ist: Die Politik erscheint der Bevölkerung immer mehr als ohnmächtiger oder willfähriger Handlanger von Banken und Finanzmärkten. Statt eine wirksame, harte und kompromisslose Regulierung und Bändigung des Finanzsektors zu ihrem Ziel zu machen, beugt sich die deutsche Bundeskanzlerin diesem Druck und fordert „marktkonformen Demokratien“.

Die Bundestagswahl 2013 muss zu einer Entscheidung über die Bändigung des Banken- und Finanzsektors werden. Nicht die Demokratie muss marktkonform werden, sondern die (Finanz-)märkte demokratiekonform. [..]"

In diesem Abschnitt seiner Thesen wird überdeutlich um was es geht. Also weniger die Tatsache des "permanenten verfassungsrechtlichen Ausnahmezustandes", wie bereits oben zitiert, sondern viel schlimmer, immer mehr Bürger durchschauen die erbärmliche Vorstellung, die unsere Volkvertreter abliefern. Der letzte Satz, den ich gefettet habe, der geht mir wie Öl runter, denn diesen Zusammenhang hatte ich vor einiger Zeit sehr ähnlich, auf die Menschen bezogen formuliert.

" [..] Was mich noch beschäftigt ist die Sache mit dem Sozialabbau den auch er (Berggruen) fordert, weil die Konkurrenz größer wird. Merkel und Rösler sprachen davon, man müsse die Menschen kompatibel zum Wirtschaftssystem machen. - Wo soll das hinführen? Wieder zu Unfreien, Leibeigenen, menschlichen Arbeitstieren oder Sklaven? - Ist es nicht vielmehr so, dass ein Wirtschaftssystem den Menschen kompatibel gestaltet werden muss? - Welcher Virus hat sich in den Gehirnen neoliberaler Wirtschaftsexperten festgesetzt und humanistisches Denken abgeschaltet"?

Zurück zu Gabriels Thesenpapier:
 
Zitat: "5. Banken spekulieren riskant mit dem Geld ihrer Sparer. Wir wollen nicht, dass Sparer mit ihren Einlagen für Spekulationsverluste in Milliardenhöhe haften. Deshalb muss der normale Bankbetrieb bilanziell oder rechtlich vom Investmentbanking getrennt werden.

Der Bankensektor muss sich wieder gesund schrumpfen. Statt großer und nicht mehr kontrollierbarer Banken mit Bilanzsummen, die einem Mehrfachen der wirtschaftlichen Jahresleistungen ganzer Länder entsprechen, brauchen wir wieder kleinere Banken mit einem tragfähigen Geschäftsmodell.."

Wieder dieser unbestimmte Überbegriff "Bank": Richtig und wichtig ist es auf jeden Fall, Spekulationsverluste nicht mit Steuergeld abzufedern. Die andere Frage, wie kommen die Investmentbanken, überhaupt an das Geld der Sparer? Welche Sparer sind denn hier angesprochen? Assoziiert dieser Begriff, in diesem Kontext, nicht eine völlig falsche Vorstellung? Die Sparbuchguthaben sind, wenn überhaupt, am wenigsten am Zockerspiel direkt beteiligt.

Warum werden private Versicherungsunternehmen staatlich mit Steuergeld gefördert, um dann mit dem angesammelten Vermögen Finanzspekulationen, d.h. Wettspiele betreiben zu können. Die meist mühsam gesparte private Altersvorsorge ist also mit dem Risiko behaftet, dass es dem Verwalter nicht gelingt, beim Wettspiel genügend anderen ihr Geld abzunehmen und diese auch meist damit ruiniert werden (siehe Griechenland). Wie pervers ist dieses System eigentlich, welches uns von den mit der Finanzindustrie verbandelten (gekauften?) Politikern übergestülpt worden ist?  So was muss unterbunden werden!

Oder sind mit Sparer möglicherweise auch die Clans mit ihren Riesenvermögen  gemeint, die sicher den weit größeren Anteil des Spielgeldes ausmachen. Die Sicherheit der Sparguthaben von Kleinsparern die auf Sparkonten bei einer ordentlichen Bank/Sparkasse verwart werden, ist ja bis zu einem gewissen Betrag garantiert. Natürlich wäre es auch Aufgabe des Staates, ggf. Schleusen zu spekulativen Transaktionen mit diesem Geld zu schließen.  Auch die Trennung von Investmentbanking und Banken im Sinne von Sparkassen wäre mehr als überfällig.

Bei den Punkten 4, 6,7 und 8 handelt es sich doch um ziemlich plumpen Populismus,  was bestenfalls mit dem bereits genannten bemühen um Stimmenfang erklärt werden kann. Das Unseriöse besteht meines Erachtens darin, dass wie bereits in der Einführung dargelegt, mit dem Begriff "Banken" Schindluder getrieben wird. Die öffentlichen Investment-Banken, sowie die viel mächtigeren, dahinter stehenden Schattenbanken mit ihren Hedgefonds, sind eben nicht die Banken, an deren Schalter der normale Bürger sein nötiges Wirtschaftsgeld abholt, seine Kleinkredite bekommt oder auch gelegentlich ein paar Spargroschen abliefert. (Natürlich nur wenn der Onlinezugang mal gerade nicht funktioniert)

Es ist einfach unlauter Dinge zu vermischen, die unmittelbar nichts miteinander zu tun haben. Wer den Birnen vorwirft, was die Äpfel tun, der betreibt keine solide Politik!!

Trotz allen Vorbehalten ist dieses Papier ein eher positives Signal aus der SPD-Ecke.

Link zum Thesenpapier von Sigmar Gabriel bei ' spd.de ' ..hier

Anmerkung: Würden die neoliberalen Poltitkasper Ross und Reiter nennen, dann würde möglicherweise die Frage aufkommen, warum es ein solch verworrenes und verfilztes Banken und Schattenbankensystem überhaupt gibt. Vor dieser Peinlichkeit haben offensichtlich nicht wenige die Hosen voll. Gleichzeitig  würde auffallen, welchen Bockmist die Herr- und Damenschaften täglich produzieren.

 
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