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07.02.2012 14:45
Schwarmdummheit -
Finanzmärkte werden vom globalen Irrsinn regiert

Zürich - In einem Interview des Züricher Tagesanzeiger mit dem Philosophen Michael Schmitt Salomon habe ich einen interessanten Denkansatz in Bezug auf den zerstörerischen weltweiten Finanzkapitalismus gelesen. Zur sinngemäßen Frage, ob man Eigennutz als Grundprinzip aller menschlichen Empfindungen und Entscheidungen durch Glaubenssysteme regulieren kann, gibt MSS folgende Antwort:..   [Quelle: tagesanzeiger.ch]  JWD

[Zitat]: Nein, es ist vielmehr ein Argument dafür, dass wir dringend vernünftige Spielregeln benötigen, die verhindern, dass die Finanzmärkte weiterhin vom globalen Irrsinn regiert werden. Es ist momentan sehr beliebt, die Wirtschaftsmisere auf das angeblich so gierige und ethisch verwerfliche Handeln einzelner Individuen zurückzuführen. In Wahrheit jedoch liegt das Problem tiefer: Wir haben ein ökonomisches System geschaffen, das so konfiguriert ist, dass all die kleinen, rationalen Einzelentscheidungen, die Ökonomen treffen, sich letztlich zu einer einzigartigen Irrationalität aufsummieren. In meinem neuen Buch "Keine Macht den Doofen!", das Mitte Februar erscheint, beschreibe ich dieses Phänomen als "Schwarmdummheit".

Es handelt sich um die exakte Umkehrung des Phänomens, das wir bei Ameisen beobachten können: Während sich aus der individuellen Beschränktheit der Ameisen eine kollektive Intelligenz ergibt, resultiert aus der individuellen Intelligenz der Menschen eine kollektive Beschränktheit. Nur wenn wir diese Prozesse von Schwarmdummheit begreifen und wirksame Gegenmaßnahmen einleiten, werden wir die globalen Probleme lösen können. Auf Moralpredigten können wir in diesem Zusammenhang getrost verzichten. [Zitat Ende]

Schwarmdummheit
Spiegel Online berichtet von einem Experiment an der ETH Zürich, bei dem ein Forscher mit 144 Studenten nachgewiesen hat, unter welchen Bedingungen, Schwarmentscheidungen sehr viel schlechter ausfallen, als Entscheidungen einzelner Personen:

„Sobald Menschen nämlich erfahren, dass andere über ein Problem anders denken als sie selbst, ändern sie ihre eigene Meinung – zumindest ein bisschen„.

Und dies kann zu einer Angleichung der Entscheidungen führen, die dann unter Umständen als kollektives Meinungsbild eine sehr dumme Entscheidung darstellt.[..] [Quelle: wissensarbeiter.wordpress.com]

Das Experiment zeige, dass sozialer Einfluss die Diversität der Antworten verringere, nicht jedoch den kollektiven Fehler, schreiben die Forscher im Wissenschaftsblatt "Proceedings of the National Academie of Sciences". Gleichzeitig seien sich die Teilnehmer auch immer sicherer gewesen, dass ihre eigene Schätzung stimme, obwohl dies objektiv nicht der Fall war. Dieses Phänomen bezeichnen die Wissenschaftler als Vertrauenseffekt. "Das ist genau wie vor der Finanzkrise", sagt Helbing im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. "Wenn alle anderen das Gleiche machen wie man selbst, glaubt man, auf dem richtigen Dampfer zu sein." [Quelle: spiegel.de ..hier]

Die ganze Sache soll unter bestimmten Umständen auch umgekehrt in Richtung Schwarmintelligenz funktionieren. Hoffen wir mal, dass für Sakozi und Merkel noch nicht alles zu spät ist.

Im bereits erwähnten Interview mit Schmitt Salomon kündigt dieser für Mitte Februar auch sein neues Buch, als Streitschrift mit dem Titel "Keine Macht den Doofen" an. Er hat mich neugierig gemacht.

Ob allerdings das Phänomen Schwarmdummheit ohne den Virus der dogmatischen, gruppenegoistischen Wirtschaftreligion - Neoliberalismus -, diesen dramatischen Zerfall rationalen, humanistischen Denkens bewirken würde, darf bezweifelt werden. Denn immerhin sind die wenigen Nutznießer dieser Finanzdoktrin gleichzeitig die Macher der Politik, sowie der öffentlichen Meinung. Ist Meinungsmanipulation gleich Schwarmdummheit? Wie verhält es sich mit Irreführung, Hinterlist, Täuschung, vorsätzlichem Betrug, oder Machtmissbrauch? Auf Antworten bin ich gespannt, befürchte aber, das Problem ist vielschichtig. Die Verdummung wird nicht leicht zu stoppen oder gar umzukehren sein.

Link zum Interview mit Michael Schmitt Salomon bei 'tagesanzeiger.ch'   ..hier

 
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