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12.01.2012 14:15
Neoliberalismus: Eine sektiererische, ideologisierte Glaubenslehre als Hilfswissenschaft der Astrologie!
DGB - Im Debattenmagazin 'Gegenblende' ist ein lesenswerter Beitrag von Tom Schimmeck mit dem Titel - Die Nackten Propheten - am 09.01.2012 veröffentlicht worden. Offensichtlich regt sich so langsam Widerstand gegen eine seit Jahrzehnten verbreiteten, dogmatischen Lehrmeinung zur Makoökonomie. Der Ruf der Volkswirtschaftslehre ist ramponiert. Sie ist für die schärfsten Kritiker eine Hilfswissenschaft der Astrologie und eine Sekte, die seit den 80er Jahren im ideologischen Gleichklang, immer das gleiche Lied vom heiligen Markt und der heilbringenden Entfesselung seiner Kräfte singt. [Quelle: gegenblende.de]  JWD


Deregulierung, Liberalisierung, Entstaatlichung, Privatisierung ist die Zauberformel, schreibt der Autor fast wörtlich. [Auszug]: "Damals begab sich der große Schwenk von John Maynard Keynes zu Friedrich August von Hayek, dessen Werk „The Constitution of Liberty“ Margaret Thatcher stets in der Handtasche trug. Der alte Bush hängte Hayek gar die Freiheitsmedaille um. Lange galten „Wirtschaftsweise“ als Propheten. Wenn sie heute ihre marktüblichen Wahrheiten verkünden, hört kaum noch jemand hin."

[..] Ja, wie? Haben wir es hier mit einer Pseudo-Wissenschaft zu tun, die sich, meilenweit von aller Weltrealität entfernt, wie eine Sekte an ihre Gebete klammert? Deren Wortführer sich selbst eingemauert haben in ihren fensterlosen Elfenbeinturm? Die rechnet statt zu denken? Und dazu mit dem „Homo oeconomicus“ einem ebenso schlichten wie tristen Menschenbild huldigt, das nicht einmal dem FDP-Wähler gerecht wird? Wie formulierte es einst Hans-Werner Sinn (Bild: „Deutschlands bester Wirtschaftsprofessor“): „Die Marktwirtschaft ist ein System, das keine guten Menschen braucht. Marktwirtschaft funktioniert mit dem Menschen so, wie er ist: ein egoistisches profitsüchtiges Individuum, das seinen Konsum maximieren will.“ Wie armselig.
[Ende Auszug]

Neue Bewegungen
[Auszug]: ..die „postautistische Ökonomie“ (ist) auch in Deutschland angekommen.. Postautisten – das ist die selbstironisch angehauchte Bezeichnung einer Bewegung von Wirtschaftswissenschaftlern, die dem enormen Konformitätsdruck der Disziplin widerstehen will. Die der leeren Lehre Paroli bieten und sie wieder in der Gesellschaft verankern will. Die begreift, dass auch die Ökonomie eine Sozialwissenschaft ist und das menschliche Subjekt mehr als ein auf Eigennutz programmierter Roboter..

Die Bewegung ist vor gut zehn Jahren an der Sorbonne entstanden. Seit 2000 erscheint ihr Organ, die real-world economics review, gelesen von über 17000 Interessierten in über 150 Ländern. Seither wächst, befeuert durch die Krise, der Hunger nach Pluralität, nach neuem Denken und klügeren Erklärungen. 2011 entstand die neue „World Economics Association“, der in den ersten zehn Tagen ihres Bestehens 3600 Ökonomen aus 110 Ländern beitraten. Die Wirtschaftswissenschaft, so ihr erklärtes Ziel, soll „der Gesellschaft besser dienen“. Sie fordert mehr Kompetenz, Relevanz und die Öffnung gegenüber anderen Fachgebieten. Höchste Zeit: Die Makroökonomie der letzten 30 Jahre, bilanziert Paul Krugman, sei “bestenfalls spektakulär nutzlos, schlimmstenfalls absolut schädlich“ gewesen. [Ende Auszug]

Abrechnung mit den Verirrungen der Standardökonomie und ihrem Prognosewahn
Wolfgang Streeck, Geschäftsführender Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung (MPIfG) antwortete auf die Frage: "Was muss weiter geschehen?", - mit: "Man weiß es nicht genau".

Dabei bezog er sich auf den britische Ökonom John Maynard Keynes, der bereits vor 75 Jahren erklärte, warum Ökonomie nichts vorhersagen kann und folgert:

Solange die Wirtschaft – und das heißt bei Keynes immer auch: die Gesellschaft – als Natur behandelt und die Wissenschaft von der Wirtschaft als Suche nach Naturgesetzen betrieben wird, wird man über die Welt nichts wissen können. Systeme von aufeinander bezogenen Handlungen sind ihrem Wesen nach zu komplex – das heißt zu lebendig, zu reagibel, zu historisch – um nach allgemeinen, unwandelbaren, ihnen äußerlichen Gesetzen berechenbar zu sein.“

Anmerkung: Und eben genau deshalb ist für mich eine antizyklische Makroökonomie, wie von Keynes propagiert, wirtschaftliches Regulativ, dass in logisch richtiger Konsequenz eine Funktionsvoraussetzung der freien Markwirtschaft darstellt. Zumindest dann, wenn als Maxime -Wohlstand für Alle- angestrebt wird und nicht reine Gewinnmaximierung durch Machtkonzentration und Versklavung der arbeitenden Menschen in Kauf genommen werden soll.


Link zum vollständigen Artikel bei 'gegenblende.de'  ..hier


Info: Autor Tom Schimmeck, 51, Mitgründer der taz, ehemals Redakteur von taz, Tempo, Spiegel, profil und Woche, Autor von FR, Zeit, Süddeutsche, Geo u.v.a.m., ist freier Autor im Bereich Politik, Gesellschaft und Wissenschaft, produziert derzeit vor allem Hörfunk-Feature. Sein Buch "Am besten nichts Neues" erschien 2010.

 
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