|
<< zurück |
Home | JWD-Nachrichten
|
Teilen
|
31.07.2011 23:55
Die Übel des unregulierten Kapitalismus
Nobelpreisträger Joseph E. Stieglitz befürchtet den
weiteren Niedergang der Weltwirtschaft, wenn es nicht gelingt, den
Raubtier-Kapitalismus durch Regulierung zu zähmen.
[Quelle: Luftpost-kl.de
..hier] JWD
Die Heilmittel für die US-Wirtschaft: Die Kriege beenden, die Kosten für das
Militär und die Arzneimittel senken und die Steuern erhöhen – wenigstens für die
sehr Reichen.
Erst vor wenigen Jahren hat eine mächtige Ideologie – der Glaube an freie und
unregulierte Märkte – die Welt an den Rand des Ruins getrieben. Sogar in seinen
Glanzzeiten vom Beginn der 1980er Jahre bis 2007 hat der nach dem Vorbild der
USA deregulierte Kapitalismus größere materielle Zugewinne nur den
Allerreichsten im reichsten Land der Welt gebracht.
Im Verlauf der 30-jährigen Vormachtstellung dieser Ideologie sind die Einkommen
der meisten US-Amerikaner ständig gesunken oder haben stagniert. Außerdem war
das Wirtschaftswachstum in den USA nicht nachhaltig. Da der größte Teil des
US-Nationaleinkommens nur ganz wenigen zufloss, ging der Zuwachs nur auf den
steigenden Konsum zurück, der die Verschuldung immer mehr in die Höhe trieb.
Ich gehörte zu denjenigen, die hofften, dass die Finanzkrise die US-Amerikaner
und die Bürger anderer Länder lehren würde, dass eine gleichmäßigere
Einkommensverteilung, eine stärkere Regulierung, und eine ausgeglicheneres
Verhältnis zwischen (selbstreguliertem) Markt und (Einflussnahme) der Regierung
von Nöten sei. Leider war das nicht der Fall.
Das Wiederaufleben einer rechtslastigen Volkswirtschaft, die noch immer von der
Ideologie (des unregulierten Kapitalismus) und Sonderinteressen beherrscht wird,
bedroht ganz im Gegenteil erneut die Weltwirtschaft – zumindest die Wirtschaft
in Europa und in den USA, wo diese Ideologie weiterhin floriert...
Nicht auszugleichende Steuersenkungen (für die Reichen), die Kriege (Bushs), ein
tiefer Konjunktureinbruch und explodierende Kosten für die Gesundheitsfürsorge –
die auch deshalb so stark anstiegen, weil die Regierung George W. Bushs den
Arzneimittelherstellern erlaubte, ihre Preise selbst festzusetzen, obwohl das
die Regierung sehr viel Geld kostete – verwandelten den riesigen
Haushaltsüberschuss schnell in ein Rekorddefizit...
Durch Stimulierung der Wirtschaft müssen Arbeitsplätze geschaffen werden, die
sinnlosen Kriege sind sofort zu beenden, die hohen Kosten für das Militär und
die Arzneimittel müssen gesenkt und die Steuern – wenigstens für die
Superreichen – erhöht werden...
Die Rechten wollen aber nichts dergleichen; stattdessen fordern sie sogar
weitere Steuersenkungen für die Konzerne und die Reichen, aber Kürzungen bei den
Investitionen und bei den Sozialausgaben. Damit setzen sie die Zukunft der
US-Wirtschaft aufs Spiel und zerreißen endgültig den Sozialvertrag (der den
Staat zu Sozialleistungen verpflichtet)...
Inzwischen hat der US-Finanzsektor viel Lobby-Arbeit betrieben, um sich erneut
von allen Regulierungen zu befreien, damit er sein altes, völlig
verantwortungsloses, zerstörerisches Unwesen fortsetzen kann...
In Europa sieht es nur wenig besser aus. Zur Bewältigung der Krisen, die
Griechenland und andere (europäische Länder) bedrohen, werden als Allheilmittel
nur untaugliche Sparmaßnahmen und die Privatisierung (von Staatsbetrieben)
empfohlen, welche die Staaten, die das mit sich machen lassen, nur noch ärmer
und verwundbarer machen werden. Diese Medizin hat bereits in Ostasien,
Lateinamerika und anderswo keine Heilung gebracht, und sie wird auch in Europa
nicht helfen. Sie hat sich doch schon in Irland, Lettland und Griechenland als
wirkungslos erwiesen...
Dabei gäbe es eine Alternative: eine Strategie des Wirtschaftswachstums, die von
der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds unterstützt werden
könnte. Wachstum würde das Vertrauen wieder herstellen, dass Griechenland seine
Schulden zurückzahlen wird, die Zinsen für Staatsanleihen würden wieder sinken,
und so entstünde ein größerer finanzieller Spielraum für weitere
wachstumsfördernde Investitionen...
Bedauerlicherweise wollen die Finanzmärkte und die rechten
Wirtschaftswissenschaftler das Problem genau umgekehrt lösen: Sie glauben, dass
durch Sparprogramme Vertrauen zurückgewonnen werden kann... Dabei wird durch
Sparprogramme das Wachstum abgewürgt.. und eine Abwärtsspirale wird in Gang
gesetzt...
Müssen wir dieses kostspielige Experiment, das auf Ideen aufbaut, die sich schon
wiederholt als untauglich erwiesen haben, wirklich noch einmal wiederholen?...
Wenn die Welt nicht auf klügere Köpfe hört, ist ihr weiterer wirtschaftlicher
Niedergang nicht aufzuhalten.
PS: Den dreiseitigen Artikel von Joseph E. Stiglitz habe ich auf einige
Kernaussagen gekürzt. Wie ich meine ein sehr zutreffender, lesenswerter Artikel,
den man auch vollständig lesen sollte. Die Argumente sind so einleuchtend, dass
man sich unweigerlich fragen muss, ob es für die herrschenden Ökonomen und
Wirtschaftspolitiker sachfremde Motive gibt, gerade das Gegenteil dessen zu tun,
was für gesunde Volkswirtschaften notwendig wäre.
Joseph E. Stiglitz ist Professor an der Columbia University, Träger des
Nobelpreises für Wirtschaft und Autor des Buches "Freefall: Free Markets and the
Sinking of the Global Economy" (Freier Fall: Freie Märkte und der Niedergang der
Weltwirtschaft).
Zum vollständigen Artikel [PDF] bei Luftpost-KL.de
..hier oder bei Zeit-Fragen
..hier
<< zurück
| Home |
|
|